4.1 Vorzeitige Aufhebung

4.1.1 Dreijährige Trennung

3-jährige Trennung

Die Zugewinngemeinschaft kann nach § 1386 i. V. m. § 1385 Nr. 1 BGB durch einen rechtsgestaltenden Beschluss vorzeitig aufgehoben werden, wenn die Ehegatten seit mehr als 3 Jahren voneinander getrennt sind. Weitere Voraussetzungen bestehen nicht. Insbesondere kommt es auf eine bereits rechtshängige Zugewinnausgleichsfolgesache nicht an.[1]

Dies gilt auch, soweit der Zugewinnausgleichspflichtige den Antrag stellt.

 
Praxis-Beispiel

Vorzeitige Aufhebung nach dreijähriger Trennung

Die seit 1987 verheirateten Ehegatten leben seit 2003 getrennt und noch immer im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Ehescheidungsantrag wurde am 4.6.2004 zugestellt (Stichtag für den Zugewinnausgleich im Scheidungsverfahren). Der Ehemann begehrt, die Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufzuheben und den Güterstand der Gütertrennung für die weitere Dauer der Ehe herzustellen. Die Ehefrau meint, mit der Stattgabe des geltend gemachten Antrags werde der Schutzzweck des § 1365 BGB (Zustimmungspflicht des Ehegatten bei Gesamtvermögensverfügung) ausgehebelt. Es bestehe die Gefahr, dass der Ehemann sein Vermögen veräußere und die Bundesrepublik verlasse. Das Familiengericht hat die Zugewinngemeinschaft der Ehegatten aufgehoben und den Güterstand der Gütertrennung hergestellt. Die Beschwerde der Ehefrau hatte keinen Erfolg.

Das OLG München[2] teilt die Auffassung der Vorinstanz:

Der Ehemann kann die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft begehren, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 1386 i. V. m. § 1385 Nr. 1 BGB gegeben sind. Der Schutzzweck des § 1365 BGB stehe dem nicht entgegen. Die Vorschrift könne erst dann zur Anwendung kommen, wenn die Zugewinngemeinschaft tatsächlich vorzeitig aufgelöst worden ist. Diese Rechtsfrage könne aber nicht bereits im Vorfeld zur Unzulässigkeit eines Gestaltungsantrags führen.

[1] AG Köln, Beschluss v. 3.2.2014, 314 F 204/13, dazu NJW-Spezial 2014 S. 134.

4.1.2 Gefährdung der künftigen Ausgleichsforderung

Beeinträchtigung des Ausgleichsinteresses

Der ausgleichsberechtigte Ehegatte kann nach § 1386 i. V. m. § 1385 Nr. 2 BGB die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft auch dann verlangen, wenn Handlungen der in § 1365 oder § 1375 Abs. 2 BGB bezeichneten Art zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist.

Die Vornahme der in § 1385 Nr. 2 BGB bezeichneten Handlungen allein begründet diese Besorgnis noch nicht. Weiter hinzukommen muss nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1385 Nr. 2 BGB vielmehr, dass dadurch die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Ausgleichsinteresses nahegelegt wird. Der vorzeitigen Ausgleich begehrende Ehegatte ist hierfür darlegungs- und beweispflichtig.[1]

[1] OLG München, Beschluss v. 4.12.2013, 16 UF 1322/13, BeckRS 2014, 15450 = FamRZ 2014 S. 1295.

4.2 Beendigung im Todesfall

4.2.1 Zugewinngemeinschaft

Ausgleich des Zugewinns

Im Fall der Beendigung des Güterstands ist grundsätzlich der Zugewinn auszugleichen. Die Form des Ausgleichs hängt zunächst davon ab, aus welchem Grund die Zugewinngemeinschaft endete. Es ist zu unterscheiden zwischen der Beendigung durch den Tod eines Ehegatten[1] und der Beendigung auf andere Art und Weise[2], insbesondere Scheidung. Stirbt ein Ehegatte während des Scheidungsverfahrens und wird das Verfahren gegen dessen Erben mit dem Ziel des güterrechtlichen Zugewinnausgleichs fortgeführt, so ist nicht auf den Zeitpunkt des Todes, sondern den der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags[3] abzustellen.[4]

3 Möglichkeiten

Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, erfolgt der Zugewinnausgleich über die sog. erbrechtliche oder die sog. güterrechtliche Lösung.[5] Welcher Weg beschritten werden muss oder kann, hängt vor allem von der Erbenstellung des überlebenden Ehegatten ab.[6]

3 Fallkonstellationen

Es sind 3 Fallkonstellationen zu unterscheiden:

Fall 1: Der Ehegatte ist gesetzlicher Erbe:[7]

Der Ausgleich wird dadurch vorgenommen, dass sich sein gesetzlicher Erbteil am Nachlass des Verstorbenen pauschal um ¼ erhöht.[8] Ob der Verstorbene tatsächlich einen Zugewinn erzielt hat, ist unbeachtlich. Mit dieser Pauschalregelung sollen Komplikationen des rechnerischen Zugewinnausgleichs vermieden werden. Der überlebende Ehegatte soll sich nach dem Tode seines Partners nicht mit den (Mit-)Erben – meist sind das die gemeinschaftlichen Kinder (§§ 1924, 1931) – wegen des ihm zustehenden Zugewinns auseinandersetzen müssen.[9]

Allerdings erfordert das Steuerrecht die konkrete Berechnung des Zugewinns, die der erbrechtliche Pauschalausgleich gerade vermeiden will. Nicht das zusätzliche Viertel als solches nämlich ist erbschaftsteuerfrei, sondern nur der Betrag der hypothetischen Ausgleichsforderung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG).[10]

 
Hinweis

Güterrechtlicher Zweck

§ 1371 Abs. 1 BGB hat eine güterrechtliche Funktion, auch wenn der Normzweck mit Mitteln des Erbrechts verwirklicht wird. Allerdings ist nach Meinung des EuGH[11] der dem Ehegatten als Zugewinnausgleich zufallenden Anteil am Nachlass in das Europäische...

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