6.1 Grenzüberschreitende Heirat
Ehen mit Auslandsbezug
Ehen mit Auslandsberührung sind weit verbreitet. Bei ca. 13 % der Eheschließungen und Ehescheidungen in Deutschland (in den Jahren 2005/2006) hatten die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten. Hinzu kommen deutsche Ehepaare, die im Ausland leben, sowie ausländische Ehepaare, die in Deutschland leben. Da sich die rechtlichen Folgen der Ehe unter anderem nach der Staatszugehörigkeit richten, können Ehen mit Auslandsbezug zu rechtlichen Schwierigkeiten führen.
6.2 Wahl-Zugewinngemeinschaft
6.2.1 Bilaterales Abkommen
Deutsch-französische Freundschaft
Auch in den Ländern der Europäischen Union (EU) ist das Eherecht national sehr unterschiedlich ausgestaltet. Daher wollen einige Länder zunächst bilateral vorgehen. Deutschland und Frankreich gehen dabei voran: Ein neuer deutsch-französischer Wahlgüterstand macht den ersten Schritt. Am 4.2.2010 wurde ein Abkommen über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft (WZGA) unterzeichnet, das inzwischen ratifiziert und seit dem 1.5.2013 in Kraft ist. Gleichzeitig wurde der Inhalt des Abkommens über die Verweisungsnorm des neuen § 1519 BGB Teil des deutschen Familienrechts.
Der deutsch-französische Wahlgüterstand steht offen:
- deutschen Ehepaaren mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, Frankreich oder einem Drittstaat, dessen IPR für das Güterrecht an die Staatsangehörigkeit anknüpft,
- französischen Ehepaaren mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, Frankreich oder einem Drittstaat, dessen IPR für das Güterrecht an die Staatsangehörigkeit anknüpft,
deutsch-französischen Ehepaaren mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, Frankreich oder einem Drittstaat, dessen IPR für das Güterrecht an die Staatsangehörigkeit anknüpft,
sowie
- Ehegatten eines Nichtvertragsstaates mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland oder Frankreich.
Unter gleichen Voraussetzungen können auch eingetragene Lebenspartner den neuen Wahlgüterstand wählen. Andere EU-Staaten haben die Möglichkeit, dem Abkommen beizutreten.
6.2.2 Inhaltliche Regelung
Modifizierte Zugewinngemeinschaft
Inhaltlich orientiert sich der Wahlgüterstand an der Zugewinngemeinschaft, dem gesetzlichen Güterstand in Deutschland. Dabei bleiben die Vermögen der Ehegatten während der Ehe getrennt. Nur bei Ende des Güterstands wird der erwirtschaftete Zugewinn ausgeglichen. Trotz der Anlehnung an die Zugewinngemeinschaft gibt es beim Wahlgüterstand eine Reihe französisch geprägter Besonderheiten. So wird etwa Schmerzensgeld dem Anfangsvermögen zugerechnet. Zufällige Wertsteigerungen von Immobilien (z. B. durch Erklärung zu Bauland) werden im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Ferner bestehen keine § 1365 BGB entsprechende Verfügungsbeschränkungen; jedoch sind Rechtsgeschäfte über Haushaltsgegenstände oder über Rechte, durch die die Familienwohnung sichergestellt wird, ohne Zustimmung des anderen Ehegatten unwirksam. Überdies fehlt dem Wahlgüterstand die erbrechtliche Wirkung.