Steuerrechtliche Probleme bei Grundstücksübertragung

Bei Abschluss einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung sind stets steuerrechtliche Fragen in den Blick zu nehmen.[1] Das gilt vor allem für den beratenden Rechtsanwalt. Er hat in bestimmten Konstellationen auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Steuerberaters hinzuweisen.

 
Praxis-Beispiel

Hinzuziehung eines Steuerberaters

Die Ehefrau hatte sich in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung verpflichtet, an ihren Ehemann zur Abgeltung des Zugewinnausgleichs ein Mietshaus zu übereignen. Bei Abschluss der Vereinbarung wurde die Frau, die Eigentümerin eines weiteren Mietshauses ist, von dem beklagten Anwalt beraten. Nach Umsetzung der Vereinbarung wurde gegen die Klägerin wegen eines von ihr aus der Übertragung des Mietshauses erzielten Veräußerungsgewinns eine Steuer von 40.272,27 EUR festgesetzt und später auf 19.006,50 EUR ermäßigt. Die steuerliche Belastung wäre vermeidbar gewesen, wenn die Klägerin das andere ihr gehörende Mietshaus, für das die Spekulationsfrist bereits abgelaufen war, ihrem Ehemann übereignet hätte. Entsprechend verklagte die Ehefrau den Anwalt auf Schadensersatz.

Der Prozess landete jüngst auch beim BGH[2], der hierzu feststellte: Der Beklagte war grundsätzlich verpflichtet, die Klägerin bei der Beratung über die Scheidungsfolgenvereinbarung wegen der dort vorgesehenen Grundstücksübertragung und der damit gemäß den §§ 22 Nr. 2, 23 EStG möglicherweise verbundenen steuerlichen Belastungen auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Steuerberaters hinzuweisen. Die Gefahr einer der Klägerin nicht bewussten steuerlichen Belastung drängte sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandats auf. Zwar können von einem Allgemeinanwalt keine Spezialkenntnisse auf dem Gebiet des Steuerrechts verlangt werden. Allerdings muss der Rechtsanwalt bei ordnungsgemäßer Bearbeitung eines familienrechtlichen Mandats typischerweise auftretende steuerlich bedeutsame Fragestellungen erkennen und, wenn er die Beratung nicht selbst übernimmt, den Mandanten insoweit zur Klärung an einen Steuerberater verweisen.

Der Schadensersatzprozess ist allerdings noch nicht beendet. Das Oberlandesgericht muss noch die Frage der Kausalität genauer klären, ob nämlich der Ehemann überhaupt bereit war, das andere Mietshaus anstelle der tatsächlich übertragenen Immobilie zu übernehmen.

[1] Ausführlich Spieker, NZFam 2020, S. 671.
[2] BGH, Urteil v. 9.1.2020, IX ZR 61/19, NJW 2020 S. 1139, dazu Schwenker, jurisPR-BGHZivilR 8/2020 Anm. 1.

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