5.6.1 Lücke im Vertrag
Anspruch jedes Teilhabers auf Entscheidung
Bei fehlender Regelung der Verwaltung und Benutzung des gemeinsamen Grundstücks kann jeder Miteigentümer "eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen" (§ 745 Abs. 2 BGB). Er hat also gegen die widersprechenden Miteigentümer einen Anspruch auf eine angemessene Entscheidung bezüglich der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks.
5.6.2 Mitwirkungspflicht
Besondere Pflichten
Im Einzelfall können die übrigen Miteigentümer Mitwirkungs- und Duldungspflichten treffen.
Mitwirkung bei Mieterhöhung
Weigert sich beispielsweise der Miteigentümer eines vermieteten Grundstücks, an einer von anderen Teilhabern geplanten Mieterhöhung mitzuwirken, so gilt:
- Kommt ein Mehrheitsbeschluss nicht zustande, kann jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung verlangen (§ 745 Abs. 2 BGB). Dieser Anspruch kann im Fall der Vermietung des gemeinschaftlichen Grundstücks auch die Mitwirkung an einer Mieterhöhung umfassen.
- Der Anspruch aus § 745 Abs. 2 BGB beschränkt sich grundsätzlich auf die Zustimmung zu einer konkret zu bezeichnenden Regelung. Bei schwierigen Sachverhalten, die eine Abstimmung unter den Teilhabern erfordern, kann er ausnahmsweise auch die konstruktive Mitwirkung an dieser Abstimmung einschließen.
- Die schuldhafte Verletzung der Mitwirkungspflicht begründet Schadensersatzansprüche aus positiver Forderungsverletzung.
Pflicht zur Entgeltzahlung bei Nutzungsüberlassung
Streitpunkt Nutzungsentschädigung
Zu Streit führt oft die Nutzungsüberlassung an einzelne Mitberechtigte: Die Brüder A und B sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Hausgrundstücks. Sie haben sich geeinigt, dass A das Grundstück alleine nutzen darf, wollten aber das Entgelt hierfür später vereinbaren. Eine entsprechende Einigung kam indes nicht zustande. Hier kann B gegen A auf Zahlung eines Entgelts (Miete) klagen.
Allerdings kann ein Ausgleich für Gebrauchsvorteile solange nicht verlangt werden, wie der nach § 745 Abs. 2 BGB insoweit bestehende Anspruch nicht geltend gemacht worden ist. Erforderlich ist hierfür nicht eine gerichtliche Geltendmachung, jedoch eine eindeutige erstmalige Beanspruchung.
Rechte bei Zahlungsverzug
Bei Zahlungsverzug kann die Benutzungsvereinbarung entsprechend § 543 BGB (Verzug des Mieters) gekündigt werden. Der Kündigende kann für den Fall der Fortsetzung der bisherigen Nutzung eine Nutzungsentschädigung verlangen, deren Höhe nach billigem Ermessen (§ 745 Abs. 2 BGB) zu bemessen ist. Ferner kann dem durch den Zahlungsverzug zur Kündigung veranlassten Miteigentümer ein Schadensersatzanspruch auf Weiterzahlung der vereinbarten Nutzungsentschädigung zustehen.
5.6.3 Gerichtliche Geltendmachung
Klageart
Allgemein anerkannt ist, dass eine Klage aus § 745 Abs. 2 BGB weder eine Feststellungs- noch eine Gestaltungsklage, sondern eine Leistungsklage ist. Geklagt wird nämlich auf Einwilligung in eine bestimmte Art der Verwaltungs- oder Benutzungsregelung. Wenn der Klage stattgegeben wird, lautet das Urteil auf diese Einwilligung.
Leistung an alle
Der BGH hat klargestellt, wie Mietzinsansprüche gegen den Teilhaber geltend gemacht werden können: Grundsätzlich sind sie rechtlich unteilbar und daher gemeinschaftlich einzuziehen (§ 754 Satz 2 BGB). Jedoch kann ein Teilhaber der Gemeinschaft – zumal wenn der andere Teilhaber die Mitwirkung bei der Einziehung verweigert – eine solche gemeinschaftliche Geldforderung gemäß § 432 Abs. 1 BGB auch allein zur Leistung an alle gerichtlich geltend machen.
5.6.4 Nutzung des Familienheims
Nutzungsentschädigung für Familienheim
Gehört eine eheliche Wohnung den Eheleuten gemeinsam, wird bei Trennung oder Scheidung häufig darüber gestritten, ob und in welcher Höhe der im Familienheim verbliebene Ehegatte eine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat. Wird eine im Miteigentum stehende frühere Ehewohnung einvernehmlich durch einen der geschiedenen Ehegatten genutzt, bestimmt sich der Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 745 Abs. 2 BGB.
Hingegen geht für die Zeit des Getrenntlebens der Nutzungsvergütungsanspruch aus § 1361b Abs. 2 BGB der Regelung des § 745 Abs. 2 BGB als Spezialregelung vor. In jedem Fall ist für die Entscheidung das Familiengericht zuständig.
Diese Grundsätze sind auch auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anwendbar.
Zutrittsrecht des ausgezogenen Ehegatten
Ein Ehegatte, der das im Miteigentum stehende Hausgrundstück endgültig verlassen hat, hat kein Recht auf Gewährung von Zutritt zu der Immobilie ...