3.4.1 Inflationsbedingter Mehrwert
Wertsteigerung ist auszugleichen
Ist der Wert des Grundbesitzes zum Endvermögensstichtag größer als zu Beginn des Güterstands, stellt der Mehrwert einen Zugewinn dar. Auszugleichen ist aber lediglich die reale Wertsteigerung. Der nur inflationsbedingte Mehrwert bleibt unberücksichtigt, weil es sich insoweit um einen scheinbaren (unechten) Zugewinn handelt. Denn der Bewertungsmaßstab ist nur äußerlich gleich ("Euro = Euro"), in Wirklichkeit aber wegen der Geldentwertung unterschiedlich. Um diesen scheinbaren Zugewinn aus dem Zugewinnausgleich auszuscheiden, müssen real gleiche Wertmesser für das Anfangsvermögen und das Endvermögen verwendet werden.
Hierfür muss das Anfangsvermögen auf den Geldwert im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands umgerechnet werden nach der Formel:
Anfangsvermögen × Verbraucherpreisindex zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands |
Verbraucherpreisindex zum Zeitpunkt des Beginns des Güterstands |
Bei dem privilegiert hinzuerworbenen Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB ist statt des Preisindexes bei Beginn des Güterstands der für den Zeitpunkt des Erwerbs maßgebende Preisindex zu berücksichtigen.
"Bereinigtes" Anfangsvermögen
Der Geldwertschwund wird damit dem Anfangsvermögen zugeschlagen.
Diese Aktualisierung kann zur Folge haben, dass das Anfangsvermögen das Endvermögen real übersteigt.
So wird das bereinigte Anfangsvermögen berechnet
Die Ehefrau bringt in die im Jahr 1983 geschlossene Ehe Vermögen im Wert von 150.000 EUR ein. Bei Scheidung im Jahr 2008 beläuft sich dessen Wert auf 200.000 EUR. Der Verbraucherpreisindex beträgt 106,6 für 2008 und 66,8 in 1983 (Basis 100 im Jahr 2005). Nach obiger Formel (150.000 EUR × 106,6 : 66,8) ergibt sich ein um den scheinbaren Zugewinn bereinigtes Anfangsvermögen in Höhe von 239.371 EUR. Die Ehefrau hat also real keinen Zugewinn erzielt, obwohl dieser sich nominal auf 50.000 EUR beläuft.
3.4.2 Welcher Index?
Probleme mit neuem Verbraucherindex
Diese "Hochrechnung" ist allerdings nur möglich, wenn der Lebenshaltungskostenindex die Werte sowohl für den Anfangsstichtag als auch für den Endstichtag bereithält. Leider steht seit dem 1.1.2003 nur noch der einheitliche Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) zur Verfügung, der ab dem Jahr 1991 ermittelt wird. Der Verbraucherpreisindex wird turnusmäßig alle 5 Jahre überarbeitet. Im Jahr 2013 wurde von der ursprünglichen Basis 2005 auf das Basisjahr 2010 und im Jahr 2019 auf das neue Basisjahr 2015 umgestellt.
Umrechnung
100.000 EUR aus Januar 2010 werden durch die Indexierung zu 112.000 EUR im Januar 2019 (100.000 x 103,4 : 92,3).
Für länger zurückliegende Anfangsstichtage, z. B. das Jahr 1960, müsste bei einem Endstichtag im Jahr 2003 die genaue Indexierung grundsätzlich in 3 Schritten erfolgen, nämlich über die Werte früherer Verbraucherindizes (1962, 1995) zum neuen Verbraucherpreisindex für Deutschland. Möglich ist jedoch die Umrechnung wie bisher in einem einzigen Rechengang durch Verwendung eines sog. verketteten Indexes, in dem die 3 zu verwendenden Tabellen zu einer einzigen mathematisch verknüpft sind.
Die jährlichen Werte dieses Indexes werden vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht.
Sind Grundstücke sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen enthalten, ist umstritten, ob die Umrechnung mittels des Verbraucherindexes zu "gerechten" Ergebnissen führt. Insoweit wird vorgeschlagen, den Baukostenindex als genaueren Wertmaßstab heranzuziehen.
Neue Bundesländer
Sind im Rahmen des Zugewinnausgleichs Immobilien in den neuen Bundesländern zu bewerten, ist erst recht zweifelhaft, anhand welchen Indexes umgerechnet werden soll. Zur Erleichterung gibt es auch hier einen verketteten Lebenshaltungskostenindex in den neuen Bundesländern.