Gesamtschulden
Werden Verbindlichkeiten für rein familiäre Zwecke aufgenommen, etwa zur Finanzierung eines Eigenheims, können sie gleichwohl beim Anfangs- und Endvermögen beiden Ehegatten anteilig zugerechnet werden. Dem steht nicht entgegen, dass für diese Verbindlichkeiten im Außenverhältnis nur ein Ehegatte haftet. Meist haften jedoch beide Ehegatten gegenüber der Bank, während im Innenverhältnis beispielsweise der Ehemann die alleinige Bezahlung des gemeinsamen Kredits schuldet. Aufgrund einer solchen Abrede liegt ein Befreiungsanspruch der Ehefrau gegen den Ehemann vor. Wie ist eine Gesamtschuld im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen?
Berechnung
Solche Gesamtschulden sind – wie andere Verbindlichkeiten auch – zunächst bei jedem Ehegatten in voller Höhe im Endvermögen als Passivposten einzustellen. Dann ist die zwischen Gesamtschuldnern intern bestehende Haftungsquote zu bedenken und der diese realisierende Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB wie jede andere durchsetzbare Forderung als Aktivposten zu bilanzieren. Ist die Gesamtschuld von den Ehepartnern anteilig zu tragen – und das ist bei in beider Interesse aufgenommenen Krediten in der Regel der Fall –, mindert die Schuld ihr Endvermögen im Ergebnis also jeweils nur in Höhe von 50 %.
Übliche Abrede vor der Trennung
Die vor dem Stichtag für die Berechnung des Endvermögens erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen werden grundsätzlich nicht ausgeglichen. Denn während des gemeinsamen Lebens und Wirtschaftens haben Ehegatten üblicherweise nicht im Sinn, die sich wechselseitig erbrachten Leistungen abzurechnen und miteinander zu verrechnen. Das gilt auch für Zahlungen auf gemeinschaftlich eingegangene Verbindlichkeiten. Übernimmt hier im Außenverhältnis einer allein oder überwiegend die Tilgungs- und Zinsleistung, so gleichen die Ehegatten diese Zahlungen rechnerisch nicht aus, solange der zahlende von anderweitigen Leistungen seines Partners profitiert. Ehegatten bedingen insoweit – konkludent – die gesetzlich für Gesamtschuldner vorgesehene interne Lastentragung nach Kopfteilen ab und bestimmen i. S. d. § 426 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BGB ein anderes, nämlich: Kein Ausgleich für während des Zusammenlebens erbrachte Zahlungen. Die im Endvermögen zu berücksichtigenden Gesamtschuldner-Ausgleichsansprüche entstehen also erst mit der Trennung der Ehepartner.
Neue BGH-Rechtsprechung
Diese Überlegungen liegen auch der neuen Rechtsprechung des BGH zugrunde:
Zugewinn bei vorehelicher Gesamtschuld
Bereits zu Ehebeginn im Jahr 2002 war die Ehefrau Alleineigentümerin eines Einfamilienhauses mit einem Wert von seinerzeit 200.000 EUR. Die Darlehensbelastung von 180.000 EUR hatte sie zusammen mit ihrem Ehemann aufgenommen. Ohne dessen Mithaftung wäre der Kredit nicht bewilligt worden. Zum Ehezeitende im Jahr 2011 war der Kredit zwar auf 160.000 EUR gesunken. Es bestanden aber sonstige Schulden von 30.000 EUR. Der Wert der Immobilie belief sich nunmehr auf 240.000 EUR. Das Endvermögen des Ehemanns betrug 0 EUR. Der Ehemann hielt sich für ausgleichsberechtigt und beantragte die Durchführung des Zugewinnausgleichs.
Der BGH gab ihm Recht und sprach ihm eine Ausgleichszahlung zu. Grundsätzlich stellte er fest:
- Geht ein Ehegatte vor Eheschließung zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie durch den anderen Ehegatten neben diesem eine gesamtschuldnerische Darlehensverpflichtung ein, so ist bei Bewertung der Verbindlichkeit auch im Anfangsvermögen im Zweifel davon auszugehen, dass diese im Innenverhältnis allein vom Eigentümer des Grundstücks zu tragen ist.
- Im Anfangs- und Endvermögen des Eigentümers sind in diesem Fall zum jeweiligen Stichtag einheitlich der Grundstückswert als Aktivposten und die volle noch offene Darlehensvaluta als Passivposten einzustellen.
- Die familienrechtliche Überlagerung des Innenverhältnisses der Ehegatten betrifft vornehmlich die Zahlung der laufenden Kreditraten und deren – regelmäßig ausgeschlossenen – gesonderten Ausgleich. Dagegen wirkt sie sich auf die Beteiligungsquote an der noch zur Rückzahlung offenen Kreditvaluta grundsätzlich nicht aus.
Im Ergebnis sind damit gesamtschuldnerisch aufgenommene Darlehen im Anfangsvermögen nach denselben Grundsätzen zu bilanzieren, die auch für das Endvermögen gelten.
Abgrenzung
Infolge dieser Rechtsprechung des BGH bedarf es bei Zugewinnausgleichsberechnungen nicht mehr "umständlich" der Berücksichtigung von Ausgleichsansprüchen zwischen Ehegatten bei Gesamtschulden, die nur einem Ehegatten dienen.
Hiervon unberührt bleibt die Frage, ob zwischen den Ehegatten eventuell weiter Rückforderungsansprüche aus ehebezogenen Zuwendungen bestehen, die ausdrücklich nicht durch den Zugewinnausgleich ausgeschlossen sind.