Leitsatz
Eine Vereinbarung, nach der Ehegatten oder Lebenspartner nach dem LPartG gegenseitig ermächtigt sind, alle aus dem Wohnungseigentum herrührende Rechte wahrzunehmen, insbesondere auch Zustellungen entgegenzunehmen, ist unwirksam.
Eine Vereinbarung, nach der der bisherige Inhaber eines Wohnungseigentums außer bei einer Sondernachfolge im Wege der Zwangsversteigerung als ermächtigt gilt, alle aus dem Wohnungseigentum herrührenden Rechte wahrzunehmen und insbesondere auch Zustellungen entgegenzunehmen, bis dem Verwalter der Eigentumswechsel durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist, ist unwirksam.
Normenkette
WEG §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3
Das Problem
A und B sind in Erbengemeinschaft eingetragene Eigentümer eines Grundstücks. Für dieses geben sie eine Teilungserklärung ab. Das Grundstück soll in 2 Wohnungseigentumsrechte mit einem Miteigentumsanteil zu jeweils 50/100 aufgeteilt werden – wovon A das eine, B das andere erhalten soll. In der vorgesehenen Gemeinschaftsordnung heißt es unter anderem wie folgt:
§ 3 Nr. 2 Sind Ehegatten oder Lebenspartner nach dem LPartG an einem Wohnungseigentum beteiligt, so sind diese gegenseitig ermächtigt, alle aus dem Wohnungseigentum herrührenden Rechte wahrzunehmen, insbesondere auch Zustellungen entgegenzunehmen.
§ 3 Nr. 3 Zustellungen sind stets wirksam, wenn sie an die dem Verwalter zuletzt mitgeteilte Adresse erfolgen.
§ 3 Nr. 4 Wechseln die Inhaber eines Wohnungseigentums auf andere Weise als durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung, so gilt der bisherige Wohnungseigentümer so lange als ermächtigt, alle aus dem Wohnungseigentum herrührenden Rechte wahrzunehmen und insbesondere auch Zustellungen entgegenzunehmen, bis dem Verwalter der Eigentumswechsel durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist.
§ 12 Nr. 4 Der Verwalter ist auch berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer 1. Wohnungs- und Teileigentum innerhalb der Gemeinschaft zu erwerben; 2. Wohnungs- und Teileigentum außerhalb der Gemeinschaft zu erwerben. Im Innenverhältnis bedürfen Maßnahmen eines vorherigen Beschlusses der Eigentümerversammlung. Das Grundbuchamt ist insoweit von jeder Prüfungspflicht befreit.
- Das Grundbuchamt weigert sich, diese Teilungserklärung + Gemeinschaftsordnung zu vollziehen. Es meint, die Gemeinschaftsordnung beschränke die Rechte der Wohnungseigentümer bzw. der zukünftigen Erwerber des Wohnungseigentums zu weitgehend. Die in § 3 Nr. 2 erteilte Ermächtigung stelle eine mit dem Zweck des WEG nicht mehr vereinbare Eigentumsbeschränkung dar. Die in § 3 Nr. 3 getroffene Regelung berge die Gefahr, dass dem Empfänger das Recht auf Information genommen werde und er keine Kenntnis von eventuellen Verpflichtungen erhalte. Damit würden die Persönlichkeitsrechte des Empfängers zu stark eingeschränkt. Mit § 3 Nr. 4 würden die Rechte des Erwerbers zu stark eingeschränkt. Auch mit der in § 12 Nr. 4 eingeräumten Berechtigung des Verwalters würden die Rechte der Eigentümer in einer mit dem Zweck des WEG nicht vereinbaren Weise eingeschränkt. Für die Zulässigkeit einer solchen Regelung sei erforderlich, dass der Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum oder Grundbesitz außerhalb der Gemeinschaft eine genau beschriebene Sachnähe zur Wohnungseigentumsanlage aufweise.
- Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
Die Entscheidung
§ 3 Nr. 3 und § 12 Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung seien nicht zu beanstanden. Etwas anderes gelte jedoch für § 3 Nr. 2 und Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung.
Allgemeine Prüfungsgrundsätze
- Das Grundbuchamt habe zu prüfen, ob eine in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Vereinbarung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoße. In diesem Fall würde das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig werden; dabei dürfe das Grundbuchamt nicht mitwirken. Als Prüfungsmaßstab kämen insbesondere die §§ 134, 138, 242 BGB in Betracht. Dabei sei es nicht die Aufgabe des Grundbuchamts, zu erforschen, ob die Interessen der Wohnungseigentümer in gebührendem Maße berücksichtigt seien oder ob die Rechtsstellung der Wohnungseigentümer in unangemessener Weise ausgehöhlt werde.
- Das Grundbuchamt dürfe daher die Eintragung nur ablehnen, wenn zweifelsfrei feststehe, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde; bloße Zweifel genügten nicht. Sofern die Prüfung eine wertende Beurteilung unter Berücksichtigung aller Umstände erfordere, sei das Grundbuchamt dazu wegen der Beweismittelbeschränkung im Eintragungsantragsverfahren in der Regel nicht in der Lage; alsdann müsse es die rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit einer Vereinbarung dem Richter im Verfahren nach § 43 WEG überlassen.
§§ 3 Nr. 3 und 12 Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung
§§ 3 Nr. 3 und 12 Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung verstießen weder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) noch gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), noch ergebe sich die Unwirksamkeit aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
- Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG könnten die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander durch Vereinbarung regel...