OFD Magdeburg, Verfügung v. 20.4.2009, S 4521 - 41 - St 271
1. Beim Grundstückserwerb in der Zwangsversteigerung gehört auch der Betrag zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung, in dessen Höhe der erwerbende Grundpfandgläubiger (Befriedigungsberechtigte) gemäß § 114a ZVG aus dem Grundstück als befriedigt gilt (BFH-Urteil vom 16.10.1985, BStBl 1986 II S. 148). Die Befriedigungsfiktion ist gesetzliche Folge des Meistgebots und des anschließenden Zuschlags; im Zwangsversteigerungsverfahren ist über den Eintritt der Rechtsfolge aus § 114a ZVG nicht zu entscheiden (BGH-Urteil vom 13.11.1986, NJW 1987 S. 503). Von den Vollstreckungsgerichten können daher in den von ihnen zu erstattenden Anzeigen keine Angaben über die Beträge verlangt werden, in deren Höhe die Erwerber aufgrund des § 114a ZVG als befriedigt gelten. Die Beträge müssen somit im Rahmen der Besteuerung der Erwerbe ermittelt werden. Dabei ist von dem nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG festgesetzten Grundstücks-Verkehrswert auszugehen, weil dieser für die Anwendung des § 114a ZVG bindend bleibt (BGH-Urteil vom 13.11.1986, a.a.O.).
2. Im Fall des BFH-Urteils vom 16.10.1985, a.a.O. war der Befriedigungsberechtigte Meistbietender und Ersteher, weil ihm auf sein Meistgebot auch der Zuschlag erteilt worden war (§ 81 Abs. 1 ZVG).
Die Fiktion des § 114a ZVG gilt aber auch für den Befriedigungsberechtigten,
- dem der Zuschlag nach § 81 Abs. 2 oder 3 ZVG erteilt wurde, weil der Meistbietende ihm das Recht aus dem Meistgebot abgetreten oder erklärt hatte, für ihn geboten zu haben (s. dazu auch Zeller/Stöber, Kommentar zum ZVG, 12. Auflage, RdNr. 2.6 zu § 114a);
- dem der Zuschlag deswegen nicht erteilt wurde, weil er seine Rechte aus dem Meistgebot abgetreten hatte (s. dazu BFH-Urteil vom 16.10.1985 – hier BStBl 1986 II S. 148 links oben).
3. In den Fällen der Nr. 2 Buchstaben a und b liegen zwei Erwerbe vor, nämlich
der Erwerb durch den Meistbietenden nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (s. dazu auch BFH-Urteil vom 13.10.1965, BStBl 1965 III S. 712, m.w.N.)
und zusätzlich
der Erwerb durch den Ersteher
Auf den dem Erwerb i.S. des § 1 Abs. 2 nachfolgenden Erwerb i.S. des § 1 Abs. 1 GrEStG ist dann § 1 Abs. 6 GrEStG anzuwenden.
Gilt der Befriedigungsberechtigte in einem Fall der unter Nr. 2 Buchstabe a bezeichneten Art hinsichtlich seiner Rechte gemäß § 114a ZVG ganz oder teilweise als befriedigt, so kann hierin keine Gegenleistung für den Erwerb durch den Meistbietenden nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG gesehen werden, weil die Rechtsfolge aus § 114a ZVG nur den Befriedigungsberechtigten trifft und dieser keine Leistung i.S. des § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG erbringt. Es liegt jedoch eine Gegenleistung für den Erwerb durch den Befriedigungsberechtigten vor, weil zur Gegenleistung jede – auch gegenüber Dritten erbrachte – Leistung gehört, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt (s. dazu BFH-Urteil vom 16.10.1985, a.a.O.).
4. Bei den so genannten Auftragserwerben im Zwangsversteigerungsverfahren hat der Meistbietende oftmals den zusätzlichen Auftrag, das ersteigerte Grundstück auch zu Eigentum zu übernehmen und für den Auftraggeber zu verwalten und zu verwerten. Auch in diesen Fällen liegen zwei der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerbsvorgänge (die Abgabe des Meistgebots durch den Meistbietenden sowie der Erwerb der Verwertungsmöglichkeit durch den Auftraggeber) vor. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Herausgabeanspruch des Auftraggebers aus § 667 BGB dann wegen des dem Meistbietenden zusätzlich erteilten Auftrags nicht auswirkt (s. dazu auch BFH-Urteil vom 28.6.1972, BStBl 1972 II S. 719). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Meistbietende das Grundstück nur auf besondere Weisung des Auftraggebers oder nach eigenem Ermessen für Rechnung des Auftraggebers verwerten kann. Ein Betrag aus § 114a ZVG ist in diesen Fällen nur dann in die Gegenleistung für den Erwerb nach § 1 Abs. 2 GrEStG einzubeziehen, wenn (z.B. aufgrund einer Entscheidung des Prozessgerichts) feststeht, dass der Erwerber insoweit als befriedigt gilt, obwohl er weder Meistbietender noch Ersteher war.
5. Nach der Rechtsprechung des BFH kann es im Einzelfall unbillig sein, die Grunderwerbsteuer sowohl für den Erwerb durch den Meistbietenden als auch für den von ihm Vertretenen zu erheben, wenn der Meistbietende den Grundstückserwerb weder wirtschaftlich noch rechtlich wollte (BFH-Urteile vom 7.11.1968, BStBl 1969 II S. 41; 25.3.1969, BStBl 1969 II S. 602; und 26.3.1980, a.a.O.). Hierunter fallen nicht die Fälle, in denen der Meistbietende nach dem ihm erteilten Auftrag im eigenen Namen bieten s...