Versicherungsvertrag
Die zentrale Grundlage für die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien ist der Versicherungsvertrag. Hierin wird gemäß den Dokumentierungen im Versicherungsschein auf die einschlägigen Gesetze und die vereinbarten Versicherungsbedingungen Bezug genommen. Die auf dieser Basis vom Versicherer geschuldete Leistung bezeichnet man als Gefahrtragung; als Gegenleistung hat der Versicherungsnehmer die vereinbarte Prämie zu zahlen.
Das Versicherungsvertragsrecht ist schuldrechtlicher Natur. Es geht also um Rechtsverhältnisse, die eine privatrechtliche Verpflichtung einer Versicherung gegenüber einer Person zum Gegenstand haben. Nicht unter den Anwendungsbereich des Versicherungsvertragsrechts fällt deshalb z. B. die gesetzliche Krankenversicherung oder die gesetzliche Unfallversicherung.
Die allgemeinen Rechtsgrundlagen eines Versicherungsvertrags finden sich vor allem in den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), des Handelsgesetzbuchs (HGB), des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR).
2.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Allgemeine Vorschrift
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gilt für alle privatrechtlichen Verträge und somit grundsätzlich auch für Versicherungsverträge. Das BGB findet allerdings keine Anwendung, wenn spezielle Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) vorrangig eingreifen. So gelten z. B. für den Prämienzahlungsverzug des Versicherungsnehmers nicht die allgemeinen Regelungen des BGB, sondern die speziellen Vorschriften der §§ 37, 38 VVG.
2.2 Handelsgesetzbuch (HGB)
Kaufleute
Da Versicherungsunternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit die Kaufmannseigenschaft besitzen, gelten für sie die Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB). Das HGB enthält u. a. die gesetzlichen Grundlagen für die Rechnungslegung der Versicherungsunternehmen. Der Versicherungsvertrag ist ein beiderseitiges Handelsgeschäft, wenn auch der Versicherungsnehmer Kaufmann ist. Selbstständige Versicherungsvermittler (Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler) sind ebenfalls Kaufleute, deren Rechtsstellung im Handelsgesetzbuch (§§ 84, 92 HGB) geregelt ist.
2.3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
Spezialgesetz
Die wichtigste Rechtsgrundlage ist das Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Es geht als Spezialgesetz den anderen Rechtsvorschriften vor und ergänzt sie.
Wie für alle Verträge gilt auch für den Versicherungsvertrag der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Er bezieht sich sowohl auf den Abschluss als auch auf die inhaltliche Ausgestaltung des Versicherungsvertrags. Insoweit können die Vertragspartner grundsätzlich auch Vereinbarungen treffen, die von den gesetzlichen Bestimmungen des VVG abweichen. Die Bestimmungen, von denen abgewichen werden kann, heißen abdingbare Bestimmungen.
Gesetzliche Schranken beim Versicherungsvertrag
Zum Schutz der Versicherungsnehmer bestehen aber auch gesetzliche Schranken für die Gestaltung der Versicherungsverträge. Es gibt insofern Vorschriften im VVG, von denen nicht oder nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden darf. Danach unterscheidet man zwischen zwingenden oder halbzwingenden Vorschriften:
Zwingende Vorschriften
Zwingende Vorschriften dürfen weder zugunsten noch zuungunsten des Versicherungsnehmers geändert werden. Von einer zwingenden Vorschrift spricht man, wenn das Gesetz zum Ausdruck bringt, dass eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung unwirksam ist (z. B. Nichtigkeit einer betrügerischen Über- oder Doppelversicherung).
Halbzwingende Vorschriften
Halbzwingende Vorschriften können nur zugunsten des Versicherungsnehmers oder eines durch die Versicherung geschützten Dritten vertraglich geändert werden. Eine halbzwingende Vorschrift liegt vor, wenn das Gesetz zum Ausdruck bringt, dass der Versicherer sich auf eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung nicht berufen kann.
Diese Beschränkungen der Vertragsfreiheit im VVG sind gemäß § 210 VVG nicht auf sog. Großrisiken anwendbar. Um ein Großrisiko im Sinne des VVG zu sein, muss ein Versicherungsnehmer mindestens zwei der folgenden Merkmale überschreiten:
- 6,2 Mio. EUR Bilanzsumme,
- 12,8 Mio. EUR Nettoumsatzerlöse,
- im Durchschnitt des Wirtschaftsjahrs 250 Arbeitnehmer.
2.4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)
Verhältnis Aufsichtsbehörde zu Versicherungsunternehmen
Ebenso wie das VVG bezweckt das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), den Versicherungsnehmer zu schützen. Das VAG regelt in erster Linie das Verhältnis der Aufsichtsbehörde zu den Versicherungsunternehmen, während das VVG die privatrechtliche Grundlage für die Rechtsbeziehungen der Partner des Versicherungsvertrags untereinander bildet. Das VAG regelt z. B. die Bestandsübertragung und die Änderung oder Aufhebung des Geschäftsplans des Versicherers.
Die Versicherungsunternehmen werden in Deutschland durch Landesaufsichtsbehörden sowie durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) kontrolliert.
Bei Missständen hat der Versiche...