Rz. 92
Zum Schutz vor Manipulationen des Endvermögens dient der § 1375 Abs. 2 BGB. Vermindert ein Ehegatte sein Vermögen durch eine der in § 1375 Abs. 2 Nr. 1–3 BGB genannten Handlungen, wird ihm derjenige Betrag zu seinem Endvermögen (fiktiv) hinzugerechnet, um welchen das Endvermögen wegen dieser illoyalen Vermögensminderungen verringert wurde. Eine Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB kommt in Betracht, wenn ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands
- unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat (Nr. 1),
- Vermögen verschwendet hat (Nr. 2) oder
- Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen (Nr. 3).
Rz. 93
Diese Aufzählung ist nach allgemeiner Auffassung abschließend, sodass eine Ausweitung auf andere Fälle nicht möglich ist.
Rz. 94
Zu beachten ist § 1375 Abs. 3 BGB, wonach der Betrag der Vermögensminderung dem Endvermögen nicht hinzugerechnet wird, wenn diese mindestens zehn Jahre nach Beendigung des Güterstands eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der Vermögensminderung einverstanden war.
3.3.1.1 Unentgeltliche Zuwendungen
Rz. 95
Unentgeltlich sind die Zuwendungen grds. dann, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgt sind. Darunter fallen Schenkungen, Ausstattungen, Vermögensübertragungen unter Vorwegnahme der Erbfolge, Spenden und Stiftungen. Liegt eine gemischte Schenkung vor, die zu vermuten ist, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen Zuwendung und Gegenleistung vorliegt, ist der die Gegenleistung überschießende Wert der Zuwendung dem Endvermögen hinzuzurechnen.
Rz. 96
Die Zurechnung unentgeltlicher Zuwendung hat weiter zur Voraussetzung, dass diese nicht einer "sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht" entsprochen hat. Ein Schenker hat dann einer sittlichen Pflicht entsprochen, wenn die Pflicht aus den konkreten Umständen des Falles erwachsen ist und in den Geboten der Sittlichkeit wurzelt, wobei das Vermögen und die Lebenssituation der Beteiligten sowie ihre persönlichen Beziehungen untereinander zu berücksichtigen sind. Eine Zuwendung entspricht regelmäßig dann einer sittlichen Pflicht, wenn in einem angemessenen Rahmen gemeinsame Kinder oder bedürftige Verwandte unterstützt werden. Sofern Vermögensgegenstände unentgeltlich auf die Kinder übertragen werden, kann dies einer sittlichen Pflicht entsprechen mit der Folge, dass eine Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB unterbleibt, wenn durch die Zuwendung das Familienvermögen erhalten bleiben soll.
Einseitige Schenkungen eines Ehegatten zugunsten der gemeinsamen Kinder muss der andere nicht zur Hälfte über den Zugewinnausgleich mittragen, wenn die Schenkungen nicht einer sittlichen Pflicht entsprachen.
Auch Spenden an karitative Einrichtungen oder in Katastrophenfällen fallen grds. unter die Begrifflichkeit der sittlichen Pflicht. Für die Beurteilung, ob die Zuwendung in einem angemessenen Umfang erfolgt ist, kommt es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten an.
3.3.1.2 Vermögensverschwendungen
Rz. 97
Unter einer Vermögensverschwendung ist das ziellose und unnütze Ausgeben von Geld in einem Maße zu verstehen, das in keinem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehegatten steht. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es nicht, die Lebensführung generell zu überprüfen. Ein großzügiger Lebensstil oder ein Leben über die Verhältnisse reicht zur Begründung einer Vermögensverschwendung nicht aus. Der Begriff der Verschwendung hängt nicht davon ab, aus welchen Motiven der fragliche Vermögenswert verausgabt wird; entscheidend ist allein, dass die Ausgabe objektiv unnütz und übermäßig ist und zu den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Handelnden in keinem Verhältnis steht.
Rz. 98
Bei Geldverlusten infolge von Glücksspielen ist zu berücksichtigen, dass der andere Ehegatte auch an den Gewinnen partizipieren würde, weshalb von einer Verschwendung nur dann ausgegangen wird, wenn das Vermögen leichtfertig verspielt wird. Eine erhöhte Geldausgabe aus Enttäuschung und Wut über die eheliche Untreue des Ehegatten soll nach der Rechtsprechung ebenso wenig ausreichen wie die kostspielige, aber medizinisch indizierte Gebisssanierung. Bejaht wurde eine Vermögensverschwendung beim Verbrennen von Bargeld aus Wut und Enttäuschung über das Scheitern der Ehe. Der BGH sieht eine Verschwendung auch bei einer steuerlichen Mehrbelastung durch die nicht notwendige Wahl der getrennten Veranlagung.