Rz. 103
Bei Abfindungen, die einem der Ehegatten im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, besteht in der Praxis häufig das Problem, ob diese Abfindung unterhaltsrechtlich als Lohnersatz oder rechtlich bei den jeweiligen Berechnungen zu berücksichtigen ist – in jedem Fall ist darauf zu achten, dass eine Doppelverwertung nicht stattfindet.
Rz. 104
Aufgrund einer Entscheidung des BGH wird oftmals zwischen "vergangenheitsbezogenen Abfindungen" und "zukunftsbezogenen Abfindungen" unterschieden. Der BGH hatte in dieser Entscheidung ausgeführt, dass eine Abfindung dann nicht dem güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns unterläge, wenn sie zielgerichtet als Ersatz für den infolge der Betriebsstilllegung zukünftig entstehenden Ausfall und damit als vorweggenommenes Einkommen für einen bestimmten Übergangszeitraum geleistet werde. Folgt man dieser Rechtsauffassung, sind so genannte vergangenheitsbezogene Abfindungen, die in der Regel individualvertraglich anlässlich einer Kündigung vereinbart werden, aber auch beispielsweise im Rahmen einer Vorruhestandsregelung vereinbart sein können, grundsätzlich in den Zugewinnausgleich einzubeziehen. Hingegen wären zukunftsbezogenen Abfindungen nach dieser Rechtsprechung dem Zugewinnausgleich grundsätzlich entzogen – ohne dass es letztlich darauf ankäme, ob der Empfänger der Abfindung diese zu unterhaltsrechtlichen Zwecken überhaupt einsetzen muss.
Entscheidend dürfte sein, in derartigen Fällen immer das Zusammenspiel zwischen Unterhaltsrecht auf der einen und Zugewinnausgleichsrecht auf der anderen Seite im Auge zu behalten. Soweit die Abfindung benötigt wird, um im Rahmen der Unterhaltsberechnung weggefallenes Einkommen des Empfängers der Abfindung zu ersetzen, darf dieser Teil der Abfindung im Rahmen der Zugewinnausgleichsberechnung nicht mehr bei der Ermittlung des Endvermögens des Empfängers berücksichtigt werden. Die dabei auftretenden Probleme liegen auf der Hand: So wird sich insbesondere nicht immer mit der ausreichenden Sicherheit prognostizieren lassen, wie lange noch Unterhalt geschuldet und inwieweit insofern die Abfindung zu Unterhaltszwecken verbraucht wird.
Die einem Ehegatten anlässlich der Auflösung eines Arbeitsvertrages zugeflossene Abfindung kann mit dem zum Stichtag für das Endvermögen maßgeblichen Betrag eine im Zugewinn auszugleichende Vermögensposition sein, soweit mangels Einbeziehung der Abfindung in eine Unterhaltsregelung das Doppelverwertungsverbot nicht greift und der Ausgleichspflichtige aufgrund einer stichtagsbezogenen Prognose darauf weder zur Deckung seines eigenen Unterhaltsbedarfs noch desjenigen anderer Unterhaltsberechtigter angewiesen ist.
Rz. 105
Aus Sicht des Unterhaltsberechtigten ist in jedem Fall die Frage der Dauer des Unterhaltsanspruchs zu klären. Beabsichtigt der Unterhaltsberechtigte beispielsweise kurz nach der Ehescheidung wieder zu heiraten, was den Unterhaltsanspruch zum Wegfall bringen würde, so sollte darauf geachtet werden, dass die Abfindung möglichst umfassend im Zugewinnausgleich berücksichtigt wird. Gleiches gilt, wenn voraussehbar ist, dass der Unterhaltsanspruch im Hinblick auf die Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeiten des § 1578b BGB in absehbarer Zeit entfallen wird – und zwar bevor die Abfindung vollständig verbraucht ist.
Empfehlung:
Die Beteiligten können intern jederzeit eine Regelung vereinbaren, ob und in welcher Höhe die Abfindung im Rahmen des Unterhaltsrechts oder des Zugewinnausgleichsrechts berücksichtigt wird. Dabei ist allerdings zu beachten, dass derartige Vereinbarungen vor Rechtskraft der Scheidung nur wirksam sind, wenn sie notariell beurkundet oder im Rahmen einer Ehesache protokolliert werden (§ 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB).