Rz. 141
Bei den Lebensversicherungen sind die verschiedenen Arten der Lebensversicherung zu berücksichtigen. Ferner ist zu prüfen, ob die Lebensversicherungen nicht möglicherweise dem Versorgungsausgleich unterfallen. Denn nach § 2 Abs. 4 VersAusglG finden die güterrechtlichen Regelungen dann keine Anwendung, wenn der Versorgungsausgleich stattfindet.
Rz. 142
Reine Risiko-Lebensversicherungen sind im Zugewinnausgleich grundsätzlich unbeachtlich, da in ihnen kein Kapital angesammelt wird.
Rz. 143
Bei Kapital-Lebensversicherungen ist zu unterscheiden zwischen den Lebensversicherungen, die auf die Auszahlung eines Kapitalbetrages im Versicherungsfall gerichtet sind und denen, die auf Zahlung einer lebenslangen Rente gerichtet sind. Erstere sind grundsätzlich im Zugewinn auszugleichen, letztere unterfallen dem Versorgungsausgleich.
Empfehlung:
Kapital-Lebensversicherungen können, auch wenn sie auf die Zahlung eines Einmalbetrages gerichtet sind, nach dem seit dem 1.9.2009 geltenden Versorgungsausgleichsrecht auch dem Versorgungsausgleich unterfallen. Dies gilt dann, wenn es sich um Versicherungen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (Stichwort u. a.: Riester-Rente) handelt. Ist eine solche Versicherung also im Versorgungsausgleich bereits berücksichtigt, darf sie dementsprechend im Zugewinnausgleich nicht mehr berücksichtigt werden.
Oftmals besteht bei Kapital-Lebensversicherungen, die auf die Zahlung eines Einmalbetrages gerichtet sind, ein Wahlrecht des Versicherungsnehmers dahingehend, dass er anstelle der Kapitalzahlung eine Rente verlangen kann. Dies kann zu erheblichen Schwierigkeiten führen, insbesondere wenn die Beteiligten beispielsweise einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart haben. Übt jetzt der Versicherungsnehmer vor dem Stichtag sein Rentenwahlrecht aus, wird die Lebensversicherung wirtschaftlich dem anderen Partner entzogen, denn nunmehr wäre sie ausschließlich beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.
Anders herum: die Beteiligten haben in einem Ehevertrag Gütertrennung vereinbart, die Durchführung des Versorgungsausgleichs aber vorbehalten. Nunmehr existiert eine Lebensversicherung auf Rentenbasis mit einem Kapitalwahlrecht. Übt der Versicherungsnehmer vor dem Stichtag sein Kapitalwahlrecht aus, ist die Versicherung dem Versorgungsausgleich entzogen – gleichzeitig kann ein Ausgleich über den Zugewinnausgleich nicht erfolgen, weil die Beteiligten die Gütertrennung vereinbart haben.
Entzieht ein Ehegatte ein von ihm zum Zwecke der Alterssicherung erworbenes Anrecht durch Ausübung des Kapitalwahlrecht dem Versorgungsausgleich und wird dieser Entzug nicht dadurch kompensiert, dass der andere Ehegatte über ein anderes Ausgleichssystem (insbesondere dem Zugewinnausgleich) an dem Vermögenswert teilhaben kann, verschiebt sich die Verteilungsgerechtigkeit unter den Ehegatten und entfällt in demselben Umfang die Grundlage dafür, in umgekehrter Richtung an Anrechten des anderen Ehegatten teilzuhaben. In diesen Fällen ist im Rahmen des Versorgungsausgleichs an die Anwendung der Härteklausel des § 27 VersAusglG zu denken.
Rz. 144
Ein weiterer Problemkreis ergibt sich, falls der Versicherungsnehmer und der Bezugsberechtigte auseinanderfallen. Wenn dies in der Praxis auch selten auftritt, so gibt es doch immer wieder Fälle, in denen beispielsweise der Ehemann seine Ehefrau unwiderruflich als bezugsberechtigt für die Versicherungsleistung eingesetzt hat. Im Fall einer solchen unwiderruflichen Bezugsberechtigung ist der Wert der Versicherung ausschließlich bei dem Bezugsberechtigten anzusetzen, wenn die Lebensversicherung nicht gekündigt werden kann.
Rz. 145
Noch schwieriger gestalten sich die Fälle, in denen ein gespaltenes Bezugsrecht vorliegt, wenn also beispielsweise der Ehemann als Versicherungsnehmer für den Überlebensfall bezugsberechtigt ist, während die Ehefrau für den Todesfall unwiderruflich bezugsberechtigt ist. Hier muss unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit gerade eine Bewertung dieses unsicheren Rechts gegebenenfalls unter Anwendung der Sterbetafeln oder sogar unter Hinzuziehung eines Sachverständigen erfolgen.
Rz. 146
Bei der Bewertung einer Lebensversicherung ist grundsätzlich auf den so genannten Fortführungswert abzustellen. Der Fortführungswert setzt sich zusammen aus den angesparten Prämien abzüglich der von der Versicherung in Rechnung gestellten Kosten zuzüglich der Zinsen und der der Versicherung bereits zugeschriebenen Gewinnanteile; er wird von den Lebensversicherern auf Anfrage zum Stichtag nachgewiesen.
Empfehlung:
Als Faustformel gilt, dass der Fortführungswert grundsätzlich den Rückkaufswert um 8 % erhöht.
Rz. 147
Ausnahmsweise ist bei der Bewertung nicht auf den Fortführungswert, sondern auf den Rückkaufswert der Versicherung abzustellen, wenn am Stichtag die Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht zu erwarten ist und auch selbst durch eine Stundung der Ausgleichsforderung nicht ermöglicht werden kann.
Rz. 148
Ein weiteres Problem ...