Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Der Hilfsbeweisantrag ist ein Unterfall des bedingten Beweisantrags. Er ist stets mit einem Hauptantrag verknüpft. |
2. |
Der Hilfsbeweisantrag muss alle Voraussetzungen für einen Beweisantrag i.e.S. erfüllen, also Beweismittel, Beweisthema und Konnexität anführen. |
3. |
Bei dem Hauptantrag, mit dem der Verteidiger seinen Hilfsbeweisantrag verknüpft, kann es sich z.B. um einen Antrag auf Freisprechung handeln. |
4. |
Die Verknüpfung des Hilfsbeweisantrags mit dem Hauptantrag des Schlussvortrags des Verteidigers führt nach allgemeiner Meinung dazu, dass der Verteidiger auf die Bekanntgabe der Ablehnungsgründe des Gerichts vor der Urteilsverkündung verzichtet. |
5. |
Sinn und Zweck des Hilfsbeweisantrags sind fraglich. Der Verteidiger sollte auf ihn eher verzichten. |
6. |
In der Revision muss die Verfahrensrüge, mit der gerügt wird, ein Hilfsbeweisantrag sei rechtsfehlerhaft zurückgewiesen worden, grds. denselben Anforderungen entsprechen wie diejenige, die die Ablehnung eines unbedingt gestellten Beweisantrags beanstandet. |
Rdn 2161
Literaturhinweise:
Cierniak/Niehaus, Beweisantrag im Verkehrsstraf- und Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht, DAR 2018, 181
Kudlich, Unzulässigkeit eines mißbräuchlichen Hilfsbeweisantrags – BGHSt 40, 287, JuS 1997, 507
Michalke, Noch einmal: "Hilfsbeweisantrag – Eventualbeweisantrag – Bedingter Beweisantrag", StV 1990, 184
Scheffler, Der Hilfsbeweisantrag und seine Bescheidung in der Hauptverhandlung, NStZ 1989, 158
Schlothauer, Hilfsbeweisantrag – Eventualbeweisantrag – bedingter Beweisantrag, StV 1988, 542
Schrader, Der Hilfsbeweisantrag – ein Dilemma, NStZ 1991, 224
Widmaier, Der Hilfsbeweisantrag mit "Bescheidungsklausel", in: Festschrift für Hanskarl Salger, 1995, S. 421
s.a. die Hinw. bei → Beweisantrag, Allgemeines Teil B Rdn 1091, und bei → Beweisantragsrecht, Allgemeines, Teil B Rdn 1224.
Rdn 2162
1. Der Hilfsbeweisantrag ist ein Unterfall des bedingten Beweisantrags (→ Beweisantrag, bedingter Beweisantrag, Teil A Rdn 1114). Er ist stets mit einem Hauptantrag verknüpft und wird meist im → Plädoyer des Verteidigers, Teil P Rdn 2526, gestellt (Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 22 m.w.N.; Hamm/Pauly, Rn 92; Junker, Rn 111). Ein Beweisantrag, den der Verteidiger während des Plädoyers in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Hauptantrag (auf Freisprechung) stellt, wird daher im Zweifel als Hilfsbeweisantrag anzusehen sein (BGH MDR 1951, 275 [D]; Junker, Rn 113). Abzugrenzen ist der Hilfsbeweisantrag vom sog. Eventualbeweisantrag. Dabei handelt es sich um eine Kombination von bedingtem Beweisantrag und Hilfsbeweisantrag, nämlich um einen bedingten Beweisantrag, der im Plädoyer als Hilfsbeweisantrag gestellt wird (BGH StV 1990, 149; 1996, 248 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 22b m.w.N.). Die Entscheidung, ob ein Beweisantrag als Haupt- oder Hilfsantrag gestellt wird, liegt allein beim Antragsteller (BGH NStZ 2005, 395).
Rdn 2163
2. Der Hilfsbeweisantrag muss alle Voraussetzungen für einen Beweisantrag i.e.S. erfüllen, also Beweismittel, Beweisthema und Konnexität anführen (→ Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1198).
Rdn 2164
Unzulässig sind Hilfsbeweisanträge, die sich nach der aufgestellten, zu beweisenden Behauptung zwar gegen den Schuldspruch richten, tatsächlich aber nur für den Fall einer bestimmten Rechtsfolgenentscheidung gelten sollen, da das Beweisverlangen dann nur ein Vorwand ist und die Anträge in Wahrheit (nur) das Angebot zu einer Absprache enthalten (BGHSt 40, 287; BGH NStZ 1995, 246; NStZ-RR 2017, 182; zust. Herdegen NStZ 1995, 202 in der Anm. zu BGHSt, a.a.O.). Der BGH sieht diese Art der Antragstellung als missbräuchlich an (dazu Kudlich JuS 1997, 507).
☆ Zulässig ist aber ein Hilfsbeweisantrag, der für den Fall der Verurteilung zu einer Strafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, auf den Nachweis einer – vom Angeklagten eingeräumten – Tatbestandsalternative abzielt, die geeignet ist, die Tat in einem milderen Licht und damit die Strafaussetzung als eher möglich erscheinen lässt (BGH NStZ 1998, 209 f.). ist aber ein Hilfsbeweisantrag, der für den Fall der Verurteilung zu einer Strafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, auf den Nachweis einer – vom Angeklagten eingeräumten – Tatbestandsalternative abzielt, die geeignet ist, die Tat in einem milderen Licht und damit die Strafaussetzung als eher möglich erscheinen lässt (BGH NStZ 1998, 209 f.).
Rdn 2165
3. Bei dem Hauptantrag, mit dem der Verteidiger seinen Hilfsbeweisantrag verknüpft, kann es sich handeln um folgende (a. Junker, Rn 113 mit Formulierungsbeispielen)
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Antrag auf Freisprechung, |
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Verhängung einer Strafe nur in einer bestimmten Höhe (s. aber BGH NStZ 1995, 246), |
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Verurteilung nur zu einer Bewährungsstrafe (dazu BGH NStZ 1998, 209), |
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Verurteilung nur zu einer Geldstrafe, |
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Verurteilung nur wegen eines bestimmten Tatvorwurfs, |
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dass im Urteil nicht die Fahrerlaubnis entzogen wird, |
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dass der Angeklagte nicht untergebracht oder gegen ihn nicht ander... |