Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Das besondere Haftprüfungsverfahren beim OLG ist in § 122 geregelt. |
2. |
Die Verfahrensakten werden gem. § 122 Abs. 1 vom zuständigen Gericht durch Vermittlung der StA/GStA dem OLG vorgelegt. |
3. |
I.d.R. wird der Verteidiger im Haftprüfungsverfahren zur Frage der Haftfortdauer Stellung nehmen. |
4. |
Das OLG entscheidet durch Beschluss. |
5. |
Das OLG ordnet, wenn die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 gegeben sind, die Fortdauer der U-Haft an. |
6. |
Checkliste "Besondere Haftprüfung". |
Rdn 2673
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Haftprüfung durch das OLG, Allgemeines, Teil H Rdn 2626, und bei → Untersuchungshaft, Allgemeines, Teil U Rdn 4650.
Rdn 2674
1. Das besondere Haftprüfungsverfahren beim OLG ist in § 122 geregelt. Im Einzelnen gilt:
Rdn 2675
2. Die Akten werden gem. § 122 Abs. 1 von Amts wegen vom zuständigen Gericht durch Vermittlung der StA/GStA dem OLG vorgelegt; werden die Akten "zu früh" vorgelegt, ist das OLG noch nicht zur Entscheidung berufen (OLG Schleswig, Beschl. v. 3.1.2024 – 1 Ws 44/23 H u.a. [mehrere Wochen zu früh]). Dieses muss nach § 122 Abs. 2 vor seiner Entscheidung den Beschuldigten und seinen Verteidiger hören. Diesen wird daher die Stellungnahme der StA/GStA, die diese gegenüber dem OLG abgegeben haben, zugeleitet und eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Der Verteidiger/Beschuldigte hat auch einen Anspruch auf Kenntnis von ggf. eingeholten dienstlichen Äußerungen, z.B. zu Besetzungsfragen und zu Entlastungsmaßnahmen.
Rdn 2676
3.a) I.d.R. wird der Verteidiger im Haftprüfungsverfahren zur Frage der Haftfortdauer Stellung nehmen (Teil H Rdn 2677). Der Umfang seiner Stellungnahme hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls muss der Verteidiger aber bei der – auch von ihm vorzunehmenden – Prüfung der Voraussetzungen des § 121 das Schema einhalten, das auch das OLG bei seiner Prüfung einhalten muss. Das hat den Vorteil, dass keine der ggf. wichtigen Fragen übersehen wird (dazu die Checkliste Teil H Rdn 2682).
Rdn 2677
b) Für seine Stellungnahme gegenüber dem OLG muss der Verteidiger Folgendes beachten:
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Der Verteidiger muss und wird sich i.d.R. zu allen Fragen der U-Haft äußern. Das gilt auf jeden Fall zu den im HB angenommenen Haftgründen (s. das Muster einer Stellungnahme bei Schlothauer/Nobis u.a., Rn 1336). Ob er auch zum "dringenden Tatverdacht" Stellung nimmt, ist eine Frage des Einzelfalls (→ Untersuchungshaft, Haftbefehl, Allgemeines, Teil U Rdn 4672). ☆ Der Verteidiger muss insoweit bedenken , dass eine seine Erwägungen/Ausführungen zurückweisende Beschlussbegründung des OLG-Senats im Verfahren ein – i.d.R. nicht gewolltes – Präjudiz bedeuten kann ( Burhoff StraFo 2000, 111).bedenken, dass eine seine Erwägungen/Ausführungen zurückweisende Beschlussbegründung des OLG-Senats im Verfahren ein – i.d.R. nicht gewolltes – Präjudiz bedeuten kann (Burhoff StraFo 2000, 111). |
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Der Verteidiger muss darauf achten, ob der HB, der der Haftprüfung durch das OLG zugrunde liegt, seinem Mandanten ordnungsgemäß nach § 115 bekannt gemacht worden ist (→ Haftprüfung durch das OLG, Prüfungsgrundlage/-umfang, Teil H Rdn 2663). |
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Der Verteidiger kann nach § 122 Abs. 2 beantragen, über die Haftfortdauer nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden. I.d.R. wird ein entsprechender Antrag jedoch keinen Erfolg haben, da ein Anspruch nicht besteht und das OLG die Frage einer mündlichen Erörterung nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilt (Meyer-Goßner/Schmitt, § 122 Rn 10 m.w.N.). |
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Eine gesetzte Frist für die Stellungnahme muss der Verteidiger einhalten. Fristverlängerung muss er beim OLG beantragen. Bei Fristversäumung besteht nicht die Möglichkeit der → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 5640, ggf. kann aber die → Nachholung rechtlichen Gehörs, Teil N Rdn 3252, in Betracht kommen (Schlothauer/Nobis u.a., Rn 933). Eine Entscheidung des OLG ergeht nicht mehr, wenn bei rechtzeitiger Vorlage der Akten zum OLG durch die StA noch vor Ablauf der dem Beschuldigten gesetzten Stellungnahmefrist die HV beginnt (OLG Hamm wistra 1998, 198; Beschl. v. 10.7.2012 – 1 Ws 336/12; OLG Stuttgart StRR 2014, 402 [Ls.]). Dann ist nach h.M. das Haftprüfungsverfahren beendet bzw. ruht die Frist (u.a. KG StV 2007, 593 [Prüfungskompetenz endet]; OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.1.2024 – 2 Ws 5/24; OLG Dresden NStZ 2004, 644; m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 121 Rn 31; a.A. Wilhelm NStZ 2004, 645 in der Anm. zu OLG Dresden, a.a.O.). |
Rdn 2678
4. Das OLG entscheidet durch Beschluss (zum Inhalt und zu den Wirkungen Teil H Rdn 2679). Insoweit gilt:
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Gegen den Beschluss ist ein Rechtsmittel gem. § 304 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 ausgeschlossen (zur Gehörsrüge und zur → Gegenvorstellung, Teil G Rdn 2521, OLG Bamberg NStZ-RR 2014, 347). ☆ Der Verteidiger sollte die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde in geeigneten Fällen nicht übersehen (zur Verfassungsbeschwerde Burhoff/ Geipel , RM, Teil C Rn 1058 ff.; zur Begründung u.a. VerfGH Sachsen, Beschl. v. 7.1.2021 – Vf. 183-IV-20; zur zu langen Dauer des Haftprüfu... |