Leitsatz
Oft ist es fraglich, wann ein Händler nachbessern darf, wenn der Vertrag dazu schweigt. Dabei geht es um die Forderung, ob der Käufer die Ware vorbeibringt oder der Händler sie abholen muss.
Sachverhalt
Heute ist der Handel dank Online-Handel, Globalisierung und überregionaler Werbung grenzüberschreitend. Das bringt neben den wirtschaftlichen Vorteilen auch Nachteile mit sich: So ist z.B. der Kundenservice im Fall eines Mangels weit weg. Man kann die Ware nicht beim Verkäufer vorbeibringen und reparieren lassen. Die Beauftragung einer Spedition ist teuer und auch der Versand nicht gerade billig.
Mit diesem Problem befasste sich jetzt der BGH. Im Urteilsfall kauften französische Kunden bei einem Händler in Polch (Deutschland) einen neuen Camping-Faltanhänger. Obwohl es in der Auftragsbestätigung hieß: "Lieferung: ab Polch, Selbstabholer’", überführte der Verkäufer den Anhänger nach Frankreich. Das französische Paar rügte diverse Mängel und forderte den Händler mit Fristsetzung auf, den Anhänger wieder abzuholen und die Mängel zu beseitigen. Als das nicht geschah, erklärten sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie klagten auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Faltanhängers. Nachdem sie in erster Instanz damit Erfolg hatten, wies die Berufungsinstanz die Klage ab. Auch die Revision führte nicht zum Erfolg.
Der BGH entschied zugunsten des Händlers: Ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag bestand für die Kunden nicht. Sie hätten den Anhänger erst zur Durchführung der Nacherfüllung nach Deutschland bringen und so dem Händler die Reparatur ermöglichen müssen. Der Ort, an dem der Verkäufer die von ihm geschuldete Nacherfüllung leisten muss, bestimmt sich mangels spezieller Regelung im Kaufrecht nach § 269 Abs. 1 BGB nach den Umständen des Einzelfalls, wenn von den Parteien dazu nichts vertraglich geregelt wurde. Umstände dieser Art sind die Ortsgebundenheit und die Art der vorzunehmenden Leistung. Auch das Ausmaß der Unannehmlichkeiten ist zu berücksichtigen. Richtschnur ist die europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, nach deren Art. 3 Abs. 3 die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher von Statten gehen muss. Nach Ansicht des BGH hielten sich diese hier in Grenzen. So sahen sie es als für die Kunden zumutbar an, den Anhänger in die Werkstatt des Verkäufers zu bringen, zumal es aus technischen Gründen nur dort möglich gewesen wäre, den Anhänger zu reparieren.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 13.04.2011, VIII ZR 220/10.