Dr. iur. Stefan Lammel, Dr. Jan Henning Martens
Leitsatz
Der Vorstand einer AG haftet gegenüber der Gesellschaft auf Schadensersatz für den pflichtwidrigen Abschluss von Geschäften, die nicht vom Unternehmenszweck gedeckt sind.
Sachverhalt
Eine AG betrieb Hypothekenbankgeschäfte. Auf Beschluss ihrer Vorstände schloss die AG Zinsderivategeschäfte ab, deren Volumen die normalen Bilanzgeschäfte weit überstieg. Im Ergebnis erlitt die AG Millionen-Verluste. Sie klagte gegen ihre Vorstände und verlangte von ihnen Schadensersatz. Es habe sich um für eine Hypothekenbank unzulässige Spekulationsgeschäfte gehandelt. Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, führte das Urteil des BGH zur Aufhebung des Berufungsurteils.
Entscheidung
Der BGH betonte insbesondere, dass ein Organ pflichtwidrig handle, wenn die von ihm vorgenommenen Geschäfte nicht vom Unternehmenszweck gedeckt sind. Die Vorstandsmitglieder verletzten ihre Pflicht sowohl bei eigener Tätigkeit, Anregung pflichtwidriger Handlungen durch Dritte sowie bei pflichtwidrigem Nichteinschreiten.
Hinweis
Vorstände und Geschäftsführer nehmen die Geschäftsführung der Gesellschaften wahr. Hierunter fällt allerdings nur das nach der Satzung zulässige Geschäft, welches durch den Unternehmensgegenstand begrenzt wird. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen die Satzung vor, der nur von den Aktionären / Gesellschaftern geheilt werden kann, da diese die Satzungshoheit haben.
Ein Satzungsverstoß muss aber nicht grundsätzlich durch eine Satzungsänderung geheilt werden. Sofern nur eine einmalige (punktuelle) Satzungsdurchbrechung vorliegt (im BGH-Fall wäre dies ein einmaliges Zinsderivategeschäft), soll es nach überwiegender Meinung genügen, diese durch einen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter zu heilen. Für eine solche Heilung soll aber die Einhaltung der satzungsändernden Mehrheit, nach überwiegend vertretener Ansicht auch eine notarielle Beurkundung, erforderlich sein. Sofern nicht alle Gesellschafter einem solchen "punktuell satzungsdurchbrechenden" Beschluss zustimmen, kann dieser allerdings angefochten werden. Sollen dauerhaft Geschäfte außerhalb des Unternehmensgegenstanden abgeschlossen werden, muss eine förmliche, notariell zu beurkundende Satzungsänderung erfolgen. Diese wird erst mit Eintragung ins Handelsregister wirksam.
Geschäftsführer und Vorstände sollten daher bei ihren Geschäften stets prüfen, ob diese vom Unternehmensgegenstand gedeckt sind. Das gilt auch für die Beteiligung an anderen Gesellschaften. Sofern ein solches Geschäft bei der Gesellschaft zu Verlusten führt, haftet der handelnde (oder auch nur dies billigende) Vorstand oder Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 15.01.2013, II ZR 90/11