Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Das Wohnungseigentumsgesetz sieht in § 9a Abs. 4 WEG eine teilschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft vor. Danach haften die einzelnen Wohnungseigentümer Gläubigern der Gemeinschaft gegenüber unmittelbar – der Höhe nach anteilig beschränkt auf ihren jeweiligen Miteigentumsanteil – sowohl für vertragliche Verbindlichkeiten der Gemeinschaft als auch für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft, die auf der Verwirklichung deliktischer Tatbestände beruhen. Im Übrigen kommt eine Haftung im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer insbesondere im Fall obstruktiven Stimmverhaltens und Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums infrage. Gegenüber anderen Wohnungseigentümern kommt eine Haftung in erster Linie wegen Beschädigung des Sondereigentums in Betracht.
1 Haftung gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
1.1 Beitragspflichten
Jeder Wohnungseigentümer ist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG zur anteiligen Kostentragung verpflichtet. Hierbei handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Haftung.
1.1.1 Entstehen der Gemeinschaft
Sowohl im Fall der Teilung nach § 3 WEG als auch einer solchen nach § 8 WEG entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit dem Anlegen der Grundbücher. Im praxisrelevanteren Fall der Teilungserklärung nach § 8 Abs. 1 WEG werden Erwerber von Wohnungseigentum im Innenverhältnis gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern dann gemäß § 8 Abs. 3 WEG als Wohnungseigentümer fingiert, wenn
- sie einen Anspruch gegen den teilenden Eigentümer auf Übertragung von Sondereigentum haben,
- der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist und
- ihnen der Besitz an den Räumen des Sondereigentums übergeben wurde.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, sind die Erwerber als Wohnungseigentümer anzusehen und es trifft sie die Verpflichtung zur anteiligen Kostentragung.
1.1.2 Rechtsgeschäftlicher Eigentümerwechsel (Zweiterwerb)
Der Eigentümerwechsel erfolgt zu dem Zeitpunkt, in dem das Eigentum im Grundbuch umgeschrieben wird. Mit seinem Ausscheiden aus der Eigentümergemeinschaft können keine neuen Zahlungsverpflichtungen zulasten des Voreigentümers begründet werden.
Haftung des veräußernden Eigentümers
Bis zur Umschreibung im Grundbuch hat der veräußernde Wohnungseigentümer die laufenden Hausgelder zu zahlen. Abweichende Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber (etwa im notariellen Kaufvertrag) haben hierauf keinen Einfluss und sind demnach im Verhältnis zur Gemeinschaft der Eigentümer unerheblich. Er haftet auch weiterhin für alle bis zu seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten, wie etwa Nachschussforderungen aufgrund entsprechenden Festsetzungsbeschlusses auf Grundlage von Vorjahresabrechnungen oder aus einem Wirtschaftsplan. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass ein ausgeschiedener Wohnungseigentümer weder aufgrund einer nach seinem Ausscheiden beschlossenen Jahresabrechnung noch aus ungerechtfertigter Bereicherung für die Lasten und Kosten haftet, wenn kein entsprechender Wirtschaftsplan mit Vorschussverpflichtungen der Wohnungseigentümer aufgestellt worden ist.
Ganz allgemein beschließen die Wohnungseigentümer über die Festsetzung der Hausgeldvorschüsse auf Grundlage des Wirtschaftsplans und die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrechnung. Ihre Verpflichtung im Innenverhältnis besteht nicht bereits mit Entstehung der Lasten und Kosten, sondern erst durch den Beschluss. Daraus folgt, dass ein solcher Beschluss Verbindlichkeiten nur für und gegen die bei Beschlussfassung eingetragenen Wohnungseigentümer, nicht aber für deren Rechtsvorgänger begründen kann, denn sonst läge insoweit ein unzulässiger Gesamtakt zulasten Dritter vor. Der Beschluss über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrechnung wirkt anspruchsbegründend nur bezüglich der Abrechnungsspitze. Für Hausgeldrückstände seines Rechtsvorgängers, die auf nicht gezahlte Hausgeldvorschüsse nach dem Wirtschaftsplan zurückzuführen sind, haftet der Erwerber nicht.
Beschlossene Sonderumlage
Die Zahlungspflicht für eine vor dem Eigentumswechsel beschlossene, aber erst danach fällig werdende Sonderumlage trifft hingegen den neuen Wohnungseigentümer und nicht den bisherigen. Die Pflicht zur Zahlung einer Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans entsteht durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer, durch den die Beitragspflicht nach §§ 16 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. 28 Abs. 1 Satz 1 WEG konkretisiert wird. Wird die Leistung mit Beschlussfassung fällig, so ist die Zahlungspflicht an die zu diesem Zeitpunkt gegebene Eigentümerstellung geknüpft. Ist der Sonderumlagebeschluss noch vor dem Eigentümerwechsel gefasst worden, die Fälligkeit aber auf einen späteren Zeitpunkt geregelt, trifft die Zahlungspflicht den neuen Eigentümer.
Erwerberhaftung durch Vereinbarung
Die Gemeinschaftsordnung kann vorsehen, dass der rechtsgeschäftliche Erwerber für die Rückstände des Veräußerers haftet. Durch Beschluss kann eine solche Haftung nicht begründet werden. Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 muss sich eine ve...