Leitsatz
Der Erbe einer Eigentumswohnung haftet im Regelfall für Hausgeldschulden, die nach dem Erbfall fällig geworden oder durch Eigentümerbeschluss begründet worden sind.
Sachverhalt
Im Jahr 1999 verstarb die Miteigentümerin einer Wohnung. Die Erben dieses hälftigen Miteigentumsanteils an der Wohnung wurden im Juli 2008 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Nach dem Tod des anderen Miteigentümers der Wohnung wurde im August 2008 dessen Erbin im Grundbuch eingetragen.
In Eigentümerversammlungen im August 2010 sowie im Mai 2011 beschlossen die Eigentümer die Jahresabrechnungen für die Jahre 2009 und 2010 sowie die Wirtschaftspläne 2010 und 2011.
Die Gemeinschaft verlangt von den Erben Zahlung der sich aus den beschlossenen Jahresabrechnungen ergebenden Rückstände sowie der Hausgelder aus den Wirtschaftsplänen. Die Erben wenden Überschuldung des Nachlasses ein und wollen ihre Haftung auf den Nachlass beschränken.
Ein Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt, d.h. nicht nur mit dem Nachlass, sondern auch mit seinem eigenen Vermögen. Er kann seine Haftung aber auf den Nachlass beschränken, soweit eine reine Nachlassverbindlichkeit vorliegt. Handelt es sich dagegen (auch) um eine Eigenverbindlichkeit des Erben, kommt eine Haftungsbeschränkung nicht in Betracht.
Nach Auffassung des BGH sind Wohngeldschulden, die nach dem Erbfall fällig werden oder bei einer Verwaltung des Nachlasses durch die Erben neu begründet werden, im Regelfall (jedenfalls auch) Eigenverbindlichkeiten des Erben, sodass der Erbe seine Haftung daher nicht auf den Nachlass beschränken kann. Etwas anderes gilt nur, wenn ausnahmsweise ein Handeln des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses verneint werden kann.
Ein Handeln des Erben bei der Verwaltung einer in den Nachlass fallenden Eigentumswohnung liegt nicht erst vor, wenn er eine nach außen wahrnehmbare Tätigkeit entfaltet, indem er z.B. die Mieten einzieht, Handwerker beauftragt oder an Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft mitwirkt. Vielmehr ist von einem Verwaltungshandeln des Erben i.d.R. spätestens dann auszugehen, wenn er die Erbschaft angenommen hat oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist und ihm faktisch die Möglichkeit zusteht, die Wohnung zu nutzen.
Nur in – vom Erben darzulegenden und zu beweisenden – Ausnahmefällen ist ein passives Verhalten des Erben im Hinblick auf eine zum Nachlass gehörende Eigentumswohnung nicht als Maßnahme ihrer Verwaltung zu qualifizieren. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Erbe aufgrund einer Belastung der Wohnung mit einem Wohnrecht für einen Dritten keine Handlungsoptionen im Hinblick auf die Nutzung der Wohnung hat und er zudem keine Nutzungen aus ihr zieht und auch nicht ziehen kann; sobald er aber an Beschlüssen der Eigentümerversammlung mitwirkt, liegt auch in diesen Konstellationen ein Verwaltungshandeln des Erben vor.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 5.7.2013, V ZR 81/12.