Leitsatz
Die Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH einer wirtschaftlich angeschlagenen GmbH & Co. KG hatte einen Rechtsanwalt mit der Beratung im Hinblick auf umfangreiche Sanierungsbemühungen beauftragt. Diese zielten darauf ab, mittels Krediten die Schieflage der GmbH & Co. KG zu beseitigen, was aber scheiterte. Einen Tag bevor die Geschäftsführerin den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG stellte, überwies sie dem Rechtsanwalt das vereinbarte Pauschalhonorar.
Die Vorinstanzen hatten der Klage des Insolvenzverwalters gegen die Geschäftsführerin auf Erstattung des an den Rechtsanwalt gezahlten Pauschalhonorars stattgegeben. Der BGH macht in dem Beschluss deutlich, dass die hiergegen gerichtete Revision keine Aussicht auf Erfolg hat und nutzt die Gelegenheit zu folgenden Klarstellungen:
- Die Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG nach § 130a Abs. 3 Satz 1 HGB entspricht trotz abweichendem Wortlaut derjenigen des GmbH-Geschäftsführers nach § 64 Abs. 2 GmbHG.
- Der Geschäftsführer muss vor Beauftragung umfangreicher Sanierungsarbeiten sicherstellen, dass die Gesellschaft nicht insolvenzreif, d.h. zahlungsunfähig oder überschuldet ist.
- Sanierungsbemühungen durch Kreditgewährung sind nicht zur Überwindung einer Überschuldung und damit der Insolvenzreife geeignet.
- Der Geschäftsführer ist dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass nach Eintritt der Insolvenzreife geleistete Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.
Daneben bekräftigt der BGH erneut die von ihm in ständiger Rechtsprechung praktizierte Auslegung des § 64 Abs. 2 GmbHG, wonach es sich um einen Ersatz-/Schadensersatzanspruch eigener Art handelt, der sich nicht auf einen Quotenschaden beschränkt. Der Geschäftsführer müsse vielmehr alle nach Eintritt der Insolvenzreife geleistete Zahlungen zurückerstatten, ohne dass eine fiktive Insolvenzquote zu berücksichtigen sei. Entsprechende Vorschläge der Literatur wurden zurückgewiesen.
Hinweis
Die Ausführungen des BGH lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und verdeutlichen einmal mehr, welch scharfes Schwert in der Hand des Insolvenzverwalters die Haftungsvorschriften der § 64 Abs. 2 GmbHG, § 92 Abs. 3 AktG und § 130a Abs. 3 HGB gegenüber Geschäftsführern und Vorständen sind.
Der Insolvenzverwalter braucht nur das Vorliegen der Insolvenzreife, d.h. Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung zu einem bestimmten Zeitpunkt, und die Leistung von Zahlungen nach diesem Zeitpunkt nachzuweisen. Es ist dann Sache des beklagten Geschäftsführers darzulegen und zu beweisen, dass diese Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind oder ihn kein Verschulden trifft, weil er z.B. das Nichtvorliegen der Insolvenzreife mit der gebotenen Sorgfalt geprüft hat (siehe dazu BGH vom 14.05.2007, II ZR 48/06). Dieser Nachweis wird angesichts der vom BGH aufgestellten Voraussetzungen selten gelingen.
Folge hiervon ist, dass der Geschäftsführer zunächst alle Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife an den Insolvenzverwalter zurückerstatten muss und er diese lediglich zur Insolvenztabelle anmelden kann, was ihm im Urteil vorzubehalten ist. Er nimmt damit in Höhe der Insolvenzquote an der Schlussverteilung teil, was angesichts der zumeist einstelligen Quote und der Dauer der Insolvenzverfahren einem Totalverlust der zurückzuerstattenden Zahlungen gleichkommt.
Geschäftsführern kann daher in Krisensituationen nur dringend empfohlen werden, in kurzen Abständen zu überprüfen, ob die Gesellschaft insolvenzreif (überschuldet und/oder zahlungsunfähig) ist, sich hierfür ggf. externer Hilfe zu bedienen, wenn es am eigenen Sachverstand mangelt und nach Eintritt der Insolvenzreife keine Zahlungen mehr zu veranlassen (zur Ausnahme bzgl. Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung und Lohnsteuer siehe BGH, Urteil v. 14.5.2007, II ZR 48/06).
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 05.02.2007, II ZR 51/06