Leitsatz (amtlich):

Führt der Steuerberater im Rahmen eines Dauermandats einen wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksamen Auftrag durch, haftet er gleichwohl nach vertragsrechtlichen Grundsätzen, wenn ihm bei Erledigung des rechtlich untersagten Geschäfts ein steuerlicher Fehler unterläuft.

 

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin zu 1 betreibt ein Dienstleistungsunternehmen. Sie wurde von den beklagten Steuerberatern jahrelang in steuerlicher Hinsicht umfassend beraten. Am 15.12.1986 schloss die Klägerin zu 1 als Organträger mit den Klägerinnen zu 2 und 3 als Organgesellschaften Gewinn- und Verlustabführungsverträge, die die Beklagten entworfen hatten. Diese Verträge wurden für die körperschaftsteuerliche Veranlagung in den Zeiträumen 1987 und 1988 von der Finanzbehörde nicht anerkannt. Die Klägerin zu 1 hat im Berufungsverfahren geltend gemacht, durch die fehlerhafte Gestaltung der Verträge sei bei ihr eine erhöhte Körperschaftsteuerschuld angefallen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

 

Aus den Entscheidungsgründen:

I.

Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Feststellungsklage als zulässig angesehen. Der von der Klägerin zu 1 geltend gemachte Nachteil, dass sie infolge der erhöhten Körperschaftsteuerbelastung im Jahre 1987 Verluste aus anderen Jahren zur Ausgleichung ihrer Steuerschuld habe verwenden müssen, war nach ihrem Vorbringen bei Klageerhebung im September 1994 in der Entwicklung noch nicht abgeschlossen. In einem solchen Fall kann die Partei nach feststehender Rechtsprechung uneingeschränkt Feststellung der Ersatzpflicht begehren; sie braucht nicht hinsichtlich des bereits entstandenen Schadens Leistungsklage zu erheben[1].

II.

Die Beklagten sind der Klägerin zu 1 für die steuerlichen Nachteile ersatzpflichtig, die ihr infolge der rechtlichen Gestaltung des Gewinn- und Verlustabführungsvertrages mit der Klägerin zu 3 vom 15.12. 1986 im Veranlagungszeitraum 1987 entstanden sind.

  1. Der Vertrag vom 15.12.1986 ist aus von den Beklagten zu vertretenden Gründen steuerlich nicht wirksam geworden. Dafür haben sie nach vertragsrechtlichen Grundsätzen einzustehen.

    1. Die mit diesem Vertrag beabsichtigte Rechtsfolge, dass der bei der Organgesellschaft angefallene Gewinn und Verlust steuerrechtlich als ein solcher des Organträgers angesehen wird, eine Steuerschuld also nur dort und nicht bei der Organgesellschaft entsteht, setzte die Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend der Vorschrift des § 302 AktG voraus[2]. Dazu muss der Vertrag entweder auf diese Vorschrift Bezug nehmen oder zumindest eine den Absätzen 1 und 3 dieser Norm inhaltlich genau entsprechende Regelung enthalten[3]. Das ist hier nicht geschehen. Der von den Beklagten entworfene Vertrag bestimmt in § 3 Abs. 2 lediglich allgemein, dass die Klägerin zu 1 einen etwaigen Verlust der Klägerin zu 3 zu übernehmen hat. Das genügte nicht den Anforderungen, die das Gesetz an die Vertragsgestaltung stellt.
    2. Der den Beklagten erteilte Auftrag zur Ausarbeitung eines entsprechenden Vertrages war allerdings gemäß § 134 BGB i.V.m. Art. 1§ 1 RBerG nichtig.

      Die Beklagten hatten ihre Tätigkeit auf die in § 1 StBerG genannten Rechtsgebiete zu beschränken. Mit Fragen allgemeinrechtlicher Art, die nicht unmittelbar zu ihrem Wirkungskreis gehörten, durften sie sich nicht befassen. Daher waren sie nicht befugt, gesellschaftsrechtliche Verträge auszuarbeiten[4]. Der ihnen erteilte Auftrag ist daher, obwohl er, was die steuerliche Prüfung betraf, auch erlaubte Tätigkeiten umfasste, insgesamt gemäß § 134 BGB ohne rechtliche Wirkung[5]. Zwar stehen nach Art. 1§ 5 Nr. 2 RBerG in der durch Gesetz vom 31.8.1998 eingeführten Fassung[6] die Vorschriften des RBerG dem nicht entgegen, dass Steuerberater in Angelegenheiten, mit denen sie beruflich befasst sind, auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen, soweit sie mit ihren beruflichen Aufgaben in unmittelbarem Zusammenhang steht und diese ohne die Rechtsberatung nicht sachgemäß erledigt werden können. Ob der Steuerberater infolgedessen nunmehr einen gesellschaftsrechtlichen Vertrag entwerfen darf, wenn ihm die Beratung in den damit zusammenhängenden steuerlichen Fragen übertragen worden ist, kann dahingestellt bleiben; denn die genannte Vorschrift findet auf den schon im Jahre 1986 erteilten Auftrag keine Anwendung.

    3. Der Auftrag wurde den Beklagten jedoch im Zuge einer ständigen Geschäftsverbindung zwischen den Parteien, im Rahmen eines auf die umfassende Betreuung in Steuersachen gerichteten Dauermandats, übertragen. Aufgrund dieser vertraglichen Beziehung waren die Beklagten verpflichtet, die Klägerin zu 1 darüber zu belehren, dass sie keine gesellschaftsrechtlichen Verträge entwerfen durften, und ihr zu raten, deshalb einen Anwalt hinzuzuziehen. Aus diesem Inhalt der Betreuungspflicht folgte aber auch, dass sie einen von einem Rechtsanwalt entworfenen, den zivilrechtlichen Vorgaben genügenden Ergebnisabführungsvertrag daraufhin zu überprüfen hatten, ob dessen Gestaltung den steuerlichen Interessen ...

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