Alexander C. Blankenstein
Nicht selten werden Verwalter von Wohnungseigentümern aufgefordert, auch rechtswidrige Beschlüsse zu verkünden. Um ihre Wiederbestellung nicht als "Querkopf" zu gefährden, kommen sie entsprechenden Ansinnen auch nach. Verkündet der Verwalter rechtswidrige Beschlüsse, geht er zwar seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 nicht mehr das Risiko einer Verfahrenskostenbelastung gemäß § 49 Abs. 2 WEG a. F. infolge erfolgreicher Beschlussanfechtung ein, da diese Bestimmung nicht mehr existiert. Hiervon unabhängig kommen in 1. Linie materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen ihn in Betracht.
Ob sich der Verwalter vor entsprechend negativen Konsequenzen durch Bedenkenhinweise effektiv schützen kann, wurde in der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des WEMoG zur Geltung des § 49 Abs. 2 WEG a. F. zwar nicht einheitlich beurteilt. Allerdings war die herrschende Meinung der Auffassung, dass eine Haftung des Verwalters dann ausscheidet, wenn er die Wohnungseigentümer auf die mit der beabsichtigten Beschlussfassung verbundenen Risiken hinweist.
Beschlussfassung unter dem TOP "Sonstiges"
Dem Verwalter war seitens einer Wohnungseigentümerin eine E-Mail übermittelt worden, in der diese eine Besprechung bezüglich eines zu ihren Gunsten anzulegenden Außenstellplatzes in er kommenden Eigentümerversammlung begehrte. Der Verwalter vermerkte zum Tagesordnungspunkt "Sonstiges": "Antrag per E-Mail über die Thematik Stellplatz für WE Nr. 5". Nach entsprechender Diskussion und Aussprache sollte in der Eigentümerversammlung dann ein Beschluss gefasst werden über die Anlage von insgesamt 3 Stellplätzen, also zugunsten auch zweier weiterer Eigentümer.
Heilung durch Vollversammlung
Unproblematisch würde sich die Angelegenheit dann darstellen, wenn es sich um eine Vollversammlung handeln würde. Formelle Beschlussmängel, wie insbesondere die ungenügende Ankündigung von Beschlussgegenständen oder das Unterschreiten der Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG, können nämlich in einer Vollversammlung der Wohnungseigentümer geheilt werden. Voraussetzung ist zunächst, dass sämtliche Wohnungseigentümer an der Versammlung teilnehmen. Weitere Voraussetzung ist, dass sämtliche Wohnungseigentümer auf die Einhaltung der Form bzw. Frist verzichten. Akzeptiert auch nur ein Eigentümer einen derartigen Verzicht nicht, kann eine Heilung nicht eintreten.
Sind zwar alle Wohnungseigentümer in der Versammlung vertreten, jedoch nicht alle anwesend, kommt eine Heilung des Beschlussmangels ebenfalls nicht in Betracht. Die erteilte Vollmacht ist nämlich regelmäßig dahin auszulegen, dass sie sich nur auf die Abstimmung zu den in dem Einladungsschreiben vorgesehenen Tagesordnungspunkten erstreckt.
Bedenkenhinweis zumindest zweifelhaft
Sind die Voraussetzungen einer Vollversammlung unter persönlicher Teilnahme aller Wohnungseigentümer nicht erfüllt, stellt sich die Frage nach dem Sinn eines Bedenkenhinweises des Verwalters. Tatsächlich erreicht dieser nämlich nur die in der Versammlung persönlich teilnehmenden Wohnungseigentümer, nicht aber diejenigen, die sich vertreten lassen oder vereinzelt nie vertreten lassen. Im Gesamtzusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Anfechtungsklagen wie die weiteren Beschlussklagen des § 44 Abs. 1 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sind. Folge hiervon ist, dass auch der obsiegende Anfechtungskläger über seine Mitgliedschaft in der Gemeinschaft an den der Gemeinschaft auferlegten Verfahrenskosten beteiligt ist.
Sinn und Zweck eines Bedenkenhinweises des Verwalters ist in 1. Linie dessen Freizeichnung von einer möglichen Haftung für die der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auferlegten Verfahrenskosten. Hier ist zumindest aus diesseitiger Sicht zweifelhaft, ob eine solche Wirkung lediglich im Rahmen eines Bedenkenhinweises etwa der nachfolgenden Art herbeigeführt werden kann:
TOP XX: Beschlussfassung zu TOP "Sonstiges" über die Anlage von 3 Kfz-Außenstellplätzen
Bedenkenhinweis des Verwalters
Der nachfolgend zu TOP XX unter "Sonstiges" stehende Beschlussantrag verstößt nach Auffassung des Verwalters gegen die Bestimmung des § 23 Abs. 2 WEG. Hiernach ist es zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Ankündigung wohl nicht einmal die Beschlussfassung über die Anlage eines Außenstellplatzes legitimiert hätte, ganz sicher aber nicht die Anlage von insgesamt 3 Stellplätzen.
Der Verwalter macht die Wohnungseigentümer darauf aufmerksam, dass ein dennoch verkündeter Beschluss– unabhängig etwa von materiellen Mängeln – bereits im Hinblick auf die mangelhafte Ankündigung im Ladungsschreiben erfolgreich anfechtbar ist. Der Verwalter weist in diesem Zusammenhang weiter ausdrücklich darauf hin, dass infolge einer Beschlussfassung auf entsprechende Klage hin die Ungültigkeit des Beschlusses erklärt werd...