Leitsatz
In vorformulierten Verträgen kann die Haftung für grob fahrlässige Pflichtverletzungen nur schwierig beschränkt werden. Eine sichere Haftungsbegrenzung ist nur eine individuell ausgehandelte, was wiederum nicht immer oder nur schwer darstellbar ist.
Sachverhalt
Die Regelungen des beklagten Textilreinigungsverbands sahen vor, dass bei vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Schäden die Haftung auf den Zeitwert des Reinigungsguts beschränkt ist. Ansonsten war die Haftung auf das 15-fache des Reinigungspreises begrenzt, wobei in den AGB auf eine unbegrenzte Haftung i.H.d. Zeitwerts bei Abschluss einer entsprechenden Versicherung hingewiesen wurde. Der Verband wurde auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Der BGH hält diese Regelungen zur Haftungsbegrenzung für unwirksam. Die Haftungsbeschränkung in Fällen grober Fahrlässigkeit nur i.H.d. Zeitwertes sei nach § 309 Nr. 7b BGB unwirksam. Die Klausel müsse so ausgestaltet sein, dass "zumindest in voller Höhe für den Wiederbeschaffungswert gehaftet wird." Die für sonstige Fälle vorgesehene Beschränkung der Haftung auf das 15-fache des Reinigungspreises sei auch unangemessen und nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ebenfalls unwirksam. Der Reinigungspreis stehe zur möglichen Schadenshöhe in keinerlei Relation und sei somit als Maßstab für eine Haftungsbegrenzung untauglich.
Auch die in der Klausel vorgesehene Möglichkeit eines Versicherungsabschlusses durch den Kunden stelle keine ausreichende Kompensation dar, da diese Klausel als Hinweis an den Kunden auf Abschluss einer solchen Versicherung nicht genüge.
Hinweis
In AGB können nur in engen Grenzen wirksame Regelungen vereinbart werden, insbesondere Haftungsbeschränkungen sind nur eingeschränkt möglich. Doch nicht nur das "Kleingedruckte" gilt als AGB, sondern sämtliche für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Verträge. Die Einschränkungen für AGB gelten daher auch für Musterverträge. Das vorliegende Urteil ist daher auch über die Textilreinigungsbranche hinaus von Bedeutung, da das Urteil des BGH auch allgemein für Regelungen der Haftungsbeschränkung gilt. Man muss dabei aber unterscheiden zwischen AGB gegenüber Verbrauchern (was in der Textilreinigung häufig der Fall sein wird) und AGB im B2B-Bereich, bei denen man etwas größere Gestaltungsfreiheiten hat.
Für die Haftungsbeschränkung in vorformulierten Verträgen bedeutet das Urteil allgemein, dass im Falle der Haftung für einfache Fahrlässigkeit eine Angemessenheitsprüfung der vorgesehenen Summe stattfinden muss. Gegenüber Verbrauchern kann man darüber hinaus im Fall grober Fahrlässigkeit kaum eine Haftungsbeschränkung vereinbaren, gegenüber Unternehmern (wohl) schon.
Aufgrund der hohen Unsicherheiten der Haftungsbeschränkung für grob fahrlässiges Handeln in AGB können Unternehmen versuchen, die Haftungsbeschränkung individuell auszuhandeln. Doch auch dies ist schwierig, da nach der BGH-Rechtsprechung (zuletzt BGH, Urteil v. 22.11.2012, VII ZR 222/12) hierfür die Haftungsbegrenzung zur Disposition/zur Verhandlung gestellt werden muss und der Vertragspartner im Fall einer Einwilligung ausreichend Kompensationen, z.B. über den Preis, erhalten muss. Es ist dann auch darauf zu achten, dass dieses wechselseitige Geben und Nehmen und damit der Individualcharakter der Vereinbarung hinreichend dokumentiert ist.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 4.7.2013, VII ZR 249/12.