Leitsatz (amtlich)
1. Die Verpflichtung zur Kostenerstattung umfasst nach § 107 Abs. 1 BSHG nur die erforderlich werdende Hilfe bzw. nach § 111 Abs. 1 BSHG nur die Hilfe, soweit sie „diesem Gesetz entspricht”, und damit nur die Hilfe, die der Hilfesuchende sozialhilferechtlich beanspruchen kann.
2. Ebenso wie der dem Vermieter nach dem Mietvertrag geschuldete Mietzins (vgl. BVerwGE Bd. 79 S. 17) stellt auch eine bei Vertragsabschluss geforderte Mietkaution (§ 550 b BGB) – unabhängig davon, dass sie zivilrechtlich nur vom Unterzeichner des Mietvertrags geschuldet wird – sozialhilferechtlich einen Bedarf (§ 3 Abs. 1 Satz 5 und 6 RegelsatzVO) aller Bewohner bzw. Familienmitglieder dar, der nach Kopfteilen unter ihnen aufzuteilen ist.
Normenkette
Bundessozialhilfegesetz § 12 Abs. 1, § 107 Abs. 1, § 111 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 19.10.2000; Aktenzeichen 20 VG 1278/99) |
Tenor
I. Auf den Antrag der Klägerin wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Oktober 2000 zugelassen, soweit damit die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4 % Zinsen auf den zugesprochenen Erstattungsbetrag von 12.186,35 DM abgewiesen worden ist.
II. Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil auch insoweit zuzulassen, als die weitergehende Erstattungsklage abgewiesen worden ist, wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Der Zulassungsantrag hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Soweit das Verwaltungsgericht die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4 % Prozesszinsen auf den zugesprochenen Erstattungsbetrag von 12.186,35 DM abgewiesen hat, ist der im Zulassungsantrag dargelegte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gegeben (§§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO in der hier noch anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 [BGBl. I S. 3987]). Nach zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung können auf Erstattungsleistungen zwischen Trägern der Sozialhilfe nach dem 9. Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes (hier insbesondere für Ansprüche nach § 107 Abs. 1 BSHG) analog § 291 BGB Prozesszinsen beansprucht werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.5.2000, BVerwGE Bd. 111 S. 213; OVG Hamburg, Beschl. v. 8.9.2000, FEVS Bd. 52 S. 253 = NDV-RD 2001 S. 5; OVG Weimar, Urt. v. 12.9.2000, ZFSH/SGB 2001 S. 276).
Entscheidungsgründe
II.
Im Übrigen muss der Antrag ohne Erfolg bleiben. Die insoweit geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, der grundsätzlichen Bedeutung und der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO) sind nicht gegeben.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin, die Beklagte zur Erstattung weiterer 2.990,91 DM zu verurteilen, im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Dieser Betrag sei keine dem Hilfeempfänger – einem 1974 geborenen Familienvater, der im Oktober 1996 (nach einem kurzen Aufenthalt in Hamburg) zu seiner in Neumünster verbliebenen 10köpfigen Familie (zurück-)gezogen ist – gewährte Sozialhilfeleistung. Hierbei handele es sich vielmehr um den Anteil an der Mietsicherheit von insgesamt 3.400,– DM, der auf die übrigen (zehn) Familienmitglieder des Hilfeempfängers entfalle. Auch der Ehefrau und den neun Kindern des Hilfeempfängers, die diesem nicht nach Hamburg gefolgt seien, stehe jeweils ein anteiliger (Hilfe-)Anspruch bzgl. der Bereitstellung der Mietsicherheit für die gemeinsam genutzte Wohnung Kieler Straße 88 in Neumünster zu. Auf den (von Hamburg zugezogenen) Hilfeempfänger selbst entfalle deshalb – wie in Bezug auf die Miete – nur ein Anteil von 1/11 der Kaution (309,09 DM); nur insoweit habe die Klägerin für den Hilfeempfänger eine Sozialhilfeleistung erbracht, die die Beklagte nach § 107 Abs. 1 BSHG zu erstatten habe. Bei Erstattung der gesamten Kaution müsse die Beklagte im Ergebnis für die Befriedigung sozialhilferechtlicher Bedarfe auch derjenigen zehn Familienmitglieder – im Wege der Kostenerstattung – aufkommen, die sich zu keiner Zeit in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgehalten hätten. In Bezug hierauf legt der Zulassungsantrag durchgreifende Zulassungsgründe nicht dar.
1. Der Rechtssache kommt insbesondere die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Die von der Klägerin insoweit aufgeworfenen Fragen – ob (erstens) der Erstattungsanspruch nach § 107 Abs. 1 BSHG deshalb die gesamte Kaution von 3.400,– DM erfasse, weil der Hilfeempfänger (neben seiner Ehefrau) gesamtschuldnerisch für das hierfür gewährte Darlehen hafte bzw. ob (zweitens) für den Fall der grundsätzlichen Zulässigkeit der Aufteilung der Sozialhilfeleistung für die Mietsicherheit auf einzelne Familienmitglieder eine entsprechende Quote nur für die im Bewilligungsbescheid genannten Personen (hier den Hilfeempfänger und seine Frau) festgesetzt werde...