Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht zur Anbringung eines Fahrerschildes im Innenraum einer Taxe

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Urteil vom 09.01.2003)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 09. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger – ein angestellter Taxenfahrer – streitet mit der Beklagten im Wesentlichen um die Gültigkeit von § 7 Abs. 4 der hamburgischen Taxenordnung vom 18. Januar 2000 (GVBl S. 28 – im Folgenden: TO). Die Vorschrift lautet:

„Die Taxenfahrerin oder der Taxenfahrer ist verpflichtet, während des Bereithaltens der Taxe und während der Ausführung von Beförderungsaufträgen im Wageninnern an einer für den Fahrgast gut sichtbaren Stelle ein Schild mit ihrem oder seinem Lichtbild und ihrem oder seinem Ruf- und Familiennamen in Druckbuchstaben anzubringen”.

Die hamburgische Taxenordnung ist auf Grund von § 47 Abs. 3 und § 51 Abs. 1 und 3 des Personenbeförderungsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl I S. 1690, m.spät.Änd. – im Folgenden: PBefG) erlassen worden. In der im vorliegenden Zusammenhang allein interessierenden Vorschrift des § 47 Abs. 3 PBefG heißt es:

„Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

  1. das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
  2. die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
  3. den Fahr- und Funkbetrieb,
  4. die Behindertenbeförderung und
  5. die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.”

Am 27. August 2001 wurde der Kläger mit seiner Taxe kontrolliert. Die Polizei beanstandete, dass der Kläger kein Fahrerschild angebracht habe.

Der Kläger widersprach der Beanstandung und trug dazu später weiter vor: § 7 Abs. 4 TO finde in § 47 Abs. 3 PBefG keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Das Mitführen von Papieren sei abschließend im Personenbeförderungsgesetz geregelt. Auch sei in der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (vom 21.6.1975, BGBl I S. 1573, m.spät.Änd. – im Folgenden: BOKraft) bestimmt, dass der Unternehmer Name und Betriebssitz des Unternehmens in der Taxe sichtbar machen müsse. Dies sei eine detaillierte und abschließende Regelung. Der zusätzliche Identitätsnachweis stelle einen schwerwiegenden, nicht gerechtfertigten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Fahrers sowie einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Er werde deshalb der in § 7 Abs. 4 TO geregelten Verpflichtung nicht nachkommen.

Mit Bescheid vom 27. November 2001 gab die Beklagte dem Kläger gemäß § 3 Abs. 1 SOG i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 PBefG auf, spätestens ab 4. Januar 2002 ein § 7 Abs. 4 TO entsprechendes Fahrerschild im Wageninneren der jeweils von ihm benutzten Taxe anzubringen. Außerdem setzte sie gegen den Kläger für jeden Fall der Zuwiderhandlung nach § 20 HmbVwVfG ein Zwangsgeld in Höhe von 500,– DM fest: § 47 Abs. 3 Satz 1 PBefG ermächtige den Landesverordnungsgeber zur Regelung von Einzelheiten des Dienstbetriebs. Hierher gehöre auch die in § 7 Abs. 4 TO geregelte Pflicht. § 27 Abs. 2 BOKraft stehe dem nicht entgegen. Dort sei die Ausstattung des Taxenfahrzeugs selbst geregelt. Hier gehe es um eine Pflicht für den Taxenfahrer unabhängig vom benutzten Fahrzeug.

Mit seinem Widerspruch führte der Kläger aus: Der Landesverordnungsgeber sei nicht berechtigt, einen derart schweren Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte allgemeine Persönlichkeitsrecht vorzunehmen. Insbesondere ermächtige § 47 Abs. 3 PBefG den Landesverordnungsgeber nicht zum Erlass einer entsprechenden Vorschrift. Mit „Einzelheiten des Dienstbetriebs” seien in erster Linie Regelungen über den Fahr- und Funkbetrieb gemeint. Die Pflicht zum Mitführen eines Fahrerschildes greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen ein und sei daher keine „Einzelheit des Dienstbetriebs”. Ein derart schwerwiegender Eingriff könne nur durch den Bundesgesetzgeber veranlasst werden. Dieser habe aber bereits eine abschließende Regelung darüber getroffen, welche Fahrzeugpapiere während der Fahrt mitzuführen und wem gegenüber sie auszuhändigen seien. Deshalb sei es dem Landesverordnungsgeber verwehrt, eine zusätzliche Verpflichtung zum Mitführen von Identitätspapieren einzuführen. Er empfinde das Fahrerschild als erniedrigend und demütigend. Nirgendwo i...

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