Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer Abschleppmaßnahme trotz ausgelegtem Hinweiszettel
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Störung der öffentlichen Sicherheit durch verbotswidriges Parken eines Kraftfahrzeugs kann nicht schon deshalb auf andere Weise als durch das Abschleppen des Fahrzeugs beseitigt werden (vgl. § 27 HmbVwVG bzw. § 7 Abs. 1 SOG), weil in dem Fahrzeug ein Hinweiszettel mit einer Telefonnummer und/oder einer Anschrift des Fahrers ausliegt, der den einschreitenden Polizeibediensteten veranlassen soll, vor der Anordnung des Abschleppens mit dem Fahrer Kontakt aufzunehmen und ihm Gelegenheit zum eigenhändigen Wegfahren des Fahrzeugs zu geben. Der Verpflichtung des Polizeibediensteten zu einem Nachforschungsversuch stehen auch dann im Regelfall die ungewissen Erfolgsaussichten und nicht absehbare weitere Verzögerungen entgegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.2.2002, NJW 2002 S. 2122).
2. Der Polizeibedienstete kann nach den Umständen des Einzelfalls zu einem Nachforschungsversuch verpflichtet sein. Der Hinweis auf den Aufenthalt des Fahrers unter einer bestimmten Anschrift im unmittelbaren Nahbereich des Abstellorts des Fahrzeugs genügt dazu nur, wenn zugleich erkennbar gemacht ist, dass der Fahrer aktuell an dem angegebenen Ort erreichbar ist. Einen solchen aktuellen zeitlichen Situationsbezug liefert ein Hinweiszettel nicht, der für eine Vielzahl von Situationen verbotswidrigen Parkens passt (Fortführung der bisherigen Senatsrechtsprechung, vgl. Urteil vom 14. August 2001, NJW 2001 S.3647).
3. Für die Beantwortung der Frage, ob die Beseitigung der Störung der öffentlichen Sicherheit durch verbotswidriges Parken auf andere Weise als durch ein Abschleppen des Fahrzeugs im Wege der Ersatzvornahme oder der unmittelbaren Ausführung möglich ist (vgl. § 27 HmbVwVG bzw. § 7 Abs. 1 SOG), darf nicht auf generalpräventive Gesichtspunkte abgestellt werden (Abgrenzung zu BVerwG, Beschl. v. 18.2.2002, NJW 2002 S. 2122).
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 04.12.2001) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. Dezember 2001 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu den Kosten für einen (abgebrochenen) Abschleppvorgang.
Am 24. Februar 2000 ordnete die Beklagte durch den Zeugen S. an, den von der Klägerin gehaltenen PKW mit dem Kennzeichen …, der in H in der G.straße 92-94 im Bereich einer Sackgasse geparkt war, abzuschleppen. Laut der von dem Zeugen S. verfassten Annahmeanordnung stand der PKW „halb auf dem Gehweg, welcher nicht durch VZ 315 ff oder entsprechende Parkflächenmarkierungen zum Parken freigegeben war und halb im Haltverbot (VZ 283)”. Hierdurch sei der Gehweg erheblich eingeengt worden, so dass Fußgänger behindert worden seien.
Schwerbehinderte mit Rollstuhl oder Fußgänger mit Kinderwagen hätten auf die Fahrbahn ausweichen müssen, eine Gefährdung sei nicht auszuschließen gewesen.
Außerdem hätte im Notfall den Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr der nötige Platz zum Rangieren gefehlt; die Sackgasse sei die einzige Zufahrtsmöglichkeit für die Feuerwehr im Notfall. Laut der Annahmeanordnung dauerte der Parkverstoß von 19.00 Uhr bis 19.55 Uhr. Zu einem Abschleppen des Fahrzeugs kam es nicht mehr, weil die Klägerin während der Vorbereitung des Abschleppens vor Ort erschien und es selbst entfernte. Die mit dem Abschleppen beauftragte Firma C. stellte der Beklagten daraufhin für den abgebrochenen Abschleppvorgang einen Betrag von 81,20 DM in Rechnung.
Mit Bescheid vom 21. März 2000 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin für den o.g. Vorgang Kosten in Höhe von 152,10 DM fest. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid am 31. März 2000 Widerspruch, der auch nach einer mit Schreiben vom 25. September 2000 erfolgten Übersendung einer Kopie der betreffenden Sachakte an ihren Prozessbevollmächtigten weder binnen der mit diesem Schreiben gesetzten Frist von sechs Wochen noch im Anschluss daran begründet wurde.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2001, der Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten zugestellt am 19. Februar 2001, zurück: Ermächtigungsgrundlage für die Kostenerstattungsforderung sei § 19 HmbVwVG. Die Polizei sei im Wege der Ersatzvornahme tätig geworden. Die Anordnung, das Fahrzeug abschleppen zu lassen, sei rechtmäßig erfolgt. Der PKW sei am 24. Februar 2000 mindestens in der Zeit von 19.00 Uhr bis 19.55 Uhr halb im Bereich einer durch Verkehrszeichen 283 ausgeschilderten Halteverbotszone und halb auf dem Gehweg geparkt worden, obwohl dieser nicht durch das Verkehrszeichen 315 oder durch ents...