1 Leitsatz
Verzug kann ohne eine Mahnung eintreten, wenn die Fälligkeit kalendermäßig bestimmt wird (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
2 Normenkette
§ 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WEG
3 Das Problem
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K klagt gegen B fälliges Hausgeld ein. Gegenstand der Zahlungsklage (i. H. v. 3.240 EUR nebst Verzugszinsen seit dem 16.11.2021) ist die hälftige Sonderumlage aus einem Beschluss vom 14.10.2021, der eine Zahlung bis zum 15.11.2021 vorsieht. Die Klage wird B am 7.12.2021 zugestellt. Nach Zahlung der Klageforderung am 13.12.2021 erklärt K den Rechtsstreit für erledigt. Dem schließt sich B an. Das AG erlegt B die Kosten des Rechtsstreits auf. Gegen diese Entscheidung legt B eine sofortige Beschwerde ein.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Vor allem habe B die Klage nicht sofort i. S. v. § 93 ZPO anerkannt. Denn B habe einen Anlass zur Klage gegeben. So liege es nämlich, wenn sich die beklagte Partei – ohne Rücksicht auf Verschulden – vorprozessual so verhalten habe, dass die klagende Partei annehmen musste, ohne Anrufung des Gerichts ihr Ziel nicht erreichen zu können. Bei fälligen Forderungen genüge dafür in der Regel, dass die beklagte Partei vor dem Prozess in Verzug geraten sei.
Dies sei der Fall. Für eine Sonderumlage gelte, dass der Zahlungsanspruch grundsätzlich durch die Beschlussfassung über die Erhebung der Sonderumlage und den (hier offenbar fehlenden) anschließenden Abruf durch den Verwalter fällig werde. Sollen die Beiträge sofort fällig werden, bedürfe es einer ausdrücklichen Regelung, insbesondere in dem Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage. Die Beschlusskompetenz hierzu habe sich im alten Recht aus § 21 Abs. 7 WEG a. F. ergeben und ergebe sich im hier bereits anwendbaren neuen Recht aus § 28 Abs. 3 WEG. Verzug sei mit Ablauf des 15.11.2022 eingetreten, da die Fälligkeit kalendermäßig durch den Beschluss bestimmt gewesen sei (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Allerdings seien die Wohnungseigentümer nur befugt gewesen, die Fälligkeit durch Beschluss neu zu regeln, nicht den Verzugseintritt als solchen. Es könne also nicht beschlossen werden, abweichend von §§ 286ff. BGB den Verzug generell schon mit Eintritt der Fälligkeit eintreten zu lassen (Hinweis auf Abramenko, ZWE 2012, S. 386). Für den Verzug seien vielmehr die allgemeinen Voraussetzungen des § 286 BGB maßgeblich. Werde, was bei einem Beschluss über den Wirtschaftsplan bzw. eine Sonderumlage häufig vorkomme, die Fälligkeit kalendermäßig bestimmt/bestimmbar geregelt, trete dann aber Verzug ohne Mahnung ein, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Hinweis auf Staudinger/Häublein, 2018, WEG § 28 Rn. 262).
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, wann Hausgeld fällig ist und wann Verzug eintritt. Dies hat sich geändert, was das LG allerdings übersehen hat. Denn es kommt nicht mehr auf einen Abruf durch den Verwalter an. Diesen kannte das WEG nur im alten Recht. Die Wohnungseigentümer beschließen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG auch nicht mehr den Wirtschaftsplan oder eine Sonderumlage, sondern Vorschüsse.
Fälligkeit
Die Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus dem Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG sind nach § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Die Wohnungseigentümer können einen anderen Zeitpunkt vereinbaren oder nach § 28 Abs. 3 WEG beschließen. Für die Nachschüsse, die gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG geschuldet werden, gilt nichts anderes.
Verzug
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann von den Wohnungseigentümern auf rückständige Vor- und/oder Nachschüsse Zinsen und darüber hinaus gegebenenfalls auch Schadensersatz – z. B. für das Mahnwesen des Verwalters – verlangen, wenn ein Wohnungseigentümer mit der Zahlung in Verzug gerät. Dazu bedarf es neben der Klärung der Fälligkeit einer Hausgeldschuld einer Mahnung.
Keiner Mahnung bedarf es (§ 286 Abs. 2 BGB),
- wenn, wie im Fall (15.11.), für die Hausgeldzahlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (Beispiel: "Zahlung am 3. Werktag eines Kalendermonats"),
- wenn der Hausgeldzahlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt (Beispiel: "Zahlung 3 Wochen nach Lieferung"),
- wenn der Hausgeldschuldner die Hausgeldzahlung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist (Beispiel: Die Zahlung ist besonders dringend oder der Hausgeldschuldner verspricht Zahlung zu einem bestimmten Termin und bezahlt nicht, sog. Selbstmahnung).
Aufgabe der Verwaltung ist es an dieser Stelle, für die Begründung der Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümer zu sorgen und sicherzustellen, dass es über die Frage des Eintritts der Fälligkeit und des Verzugs keine Zweifel gibt.
Der Verzugszinssatz beträgt von Gesetzes wegen i. d. R. für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 288 BGB). Die Wohnungseigentümer können die Höhe der geschuldeten Zinsen abweichend vom Gesetz vere...