1.3.2.1 Problemaufriss
Die durch Beschluss gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG bestimmten Vorschüsse sind die Anspruchsgrundlage für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, von den Wohnungseigentümern das Hausgeld zu verlangen. Vor diesem Hintergrund liegt es mehr als nahe, dass die Wohnungseigentümer die Vorschüsse grundsätzlich vor Beginn des entsprechenden Kalenderjahres beschließen, damit diese Anspruchsgrundlage vom Anfang des Jahres an besteht. Sieht man es so, ist der Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG vom Verwalter spätestens am Ende des Jahres vorzulegen, das dem entsprechenden Kalenderjahr vorausgeht.
So wird es im Schrifttum auch teilweise vertreten. Nach überwiegender Ansicht hält es sich hingegen auch dann noch im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Vorschüsse auf einer in den ersten 6 Monaten des Jahres abgehaltenen Versammlung mit Rückwirkung zum Jahresanfang beschlossen werden.
1.3.2.2 Liquiditätslücke
Folgt man der h. M., kann es trotz einer ordnungsmäßigen Verwaltung und der jährlichen Vorlage von Plänen zu einer Liquiditätslücke kommen. Diese entsteht, wenn die Vorschüsse z. B. mit dem Jahr 2021 enden, neue Vorschüsse aber erst im Sommer des Jahres 2022 beschlossen werden. Denn dann schulden die Wohnungseigentümer für ein halbes Jahr in Ermangelung einer Anspruchsgrundlage kein Hausgeld.
Um diese Liquiditätslücke auszuschließen, wird – auf dem Boden der h. M. – in der Regel bestimmt, dass der Beschluss über die Vorschüsse vorübergehend fortgelten soll. Für diesen Beschluss gibt es auch eine Beschlusskompetenz.
Musterbeschluss: Fortgeltung der Vorschüsse
TOP: XX Fortgeltung der Vorschüsse
Die von den Wohnungseigentümern geschuldeten Vorschüsse für das Jahr ____ sollen gelten, bis durch Beschluss neue Vorschüsse bestimmt werden.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: _____
Nein-Stimmen: _____
Enthaltungen: _____
Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:
______________
Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.
Eine abstrakt-generelle Regelung des Inhalts, dass Vorschüsse bis zur Bestimmung neuer Vorschüsse gelten sollen, muss hingegen vereinbart werden. Der Verwalter wird allerdings weder durch einen konkreten Fortgeltungsbeschluss noch durch eine generelle Fortgeltungsvereinbarung von der Pflicht entbunden, auch für das folgende Kalenderjahr Vorschüsse vorzuschlagen.
Pflicht des Verwalters?
Unklar ist, ob ein Verwalter eine Pflichtverletzung begeht, wenn er für die Vorschüsse keine Fortgeltung anregt. Etwa nach Ansicht von Häublein ist das zu bejahen. Denn der Verwalter habe die Pflicht, Beschlüsse zu unterbreiten, die erforderlich seien, damit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über das zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Vermögen verfüge. Soweit absehbar sei, dass der neue Wirtschaftsplan nicht vor Auslaufen des alten beschlossen werde, müsse für diesen Fall Vorsorge getroffen werden.