1.3.1 Anwendungsbereich (§ 312b Abs. 1 BGB)

Nach der Legaldefinition in § 312b Abs. 1 BGB sind unter dem Begriff der "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene(n) Verträge" solche Verträge zu verstehen, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist.

 
Wichtig

Erfüllungsgehilfen des Unternehmers

Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln, also Wohnungsverwalter, Makler und dergleichen.

1.3.2 Ausnahme: Vertragsschluss nach Wohnungsbesichtigung

Für die Begründung eines Mietverhältnisses sind diese Vorschriften nicht anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.[1] Deshalb besteht kein Widerrufsrecht, wenn der Mietvertrag im Anschluss an eine Wohnungsbesichtigung in der besichtigten Wohnung oder an einem beliebigen anderen Ort abgeschlossen wird. Es muss sich aber um eine Besichtigung vor Vertragsschluss handeln.

 
Achtung

Mietinteressent muss alle Räume besichtigen können

Eine Sammelbesichtigung mit anderen Mietinteressenten genügt. Ob die Wohnung zum Zeitpunkt der Besichtigung bereits leer steht oder noch von einem anderen Nutzer bewohnt wird, spielt keine Rolle. Jedoch muss der Mietinteressent Gelegenheit zu einer umfassenden Besichtigung aller Räume erhalten.

Eine Besichtigung im Sinne der gesetzlichen Vorschriften liegt nicht vor, wenn der derzeitige Nutzer den Zutritt zu einzelnen Räumen verweigert oder den Mietinteressenten nach unangemessen kurzer Zeit aus der Wohnung weist. Diesem Verlangen müssen der Mietinteressent und der Vermieter Folge leisten. Ein Anspruch auf Besichtigung gegenüber dem Nutzer steht dem Mietinteressenten nicht zu. Der Vermieter kann das ihm zustehende Besichtigungsrecht nicht eigenmächtig erzwingen, sondern benötigt – bei Weigerung des Mieters – zu seiner Ausübung einen entsprechenden Titel.

Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Besichtigung und dem Vertragsschluss ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Jedoch muss das Objekt der Besichtigung mit dem späteren Vertragsgegenstand identisch sein.

 
Praxis-Beispiel

Musterwohnung oder Wohnungsprospekt

Die Besichtigung einer baugleichen "Musterwohnung" ist unzureichend. Erst recht genügt es nicht, wenn dem Mieter lediglich ein Prospekt über die Wohnung ausgehändigt wird.

1.3.3 Keine Ausnahme bei Erneuerung des Mietvertrags

Unter dem Begriff der "Begründung" i. S. v. § 312 Abs. 4 BGB ist ausschließlich der Abschluss eines bisher nicht bestehenden Mietvertrags zu verstehen.

Bei der Wohnungsmiete kommt es gelegentlich vor, dass der Erwerber eines Wohnhauses die Mieter in ihren Wohnungen aufsucht, um mit ihnen neue Mietverträge auszuhandeln und abzuschließen. Kommt ein solcher Vertrag zustande, wird der bisher bestehende Mietvertrag durch einen anderen Mietvertrag ersetzt, es wird aber kein Mietverhältnis begründet. Für solche Verträge gilt § 312b BGB, nämlich für den Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume.

1.3.4 Keine Ausnahme bei Mietänderungsverträgen in der Mieterwohnung

Ebenso gilt die Vorschrift bei allen Mietänderungsverträgen, die außerhalb der Geschäftsräume des Wohnungsunternehmens abgeschlossen werden, also für die typischen "Haustürgeschäfte".

 
Praxis-Beispiel

Ändern des Mietvertrags

Der neue Vermieter besucht seine Mieter, um mit ihnen eine Mieterhöhung oder eine Vertragsänderung zu vereinbaren.

Wie bereits unter der Geltung des § 312 BGB a. F. zählen hierzu insbesondere

  • die freiwilligen Mieterhöhungsvereinbarungen nach § 557 BGB,
  • Vereinbarungen über die Übernahme von Betriebskosten oder
  • eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen.

Bisher bestand kein Recht zum Widerruf, wenn die Verhandlungen über den Vertragsschluss oder die Vertragsänderung "auf vorhergehende Bestellung" des Mieters in dessen Wohnung geführt worden sind.[1] Diese Ausnahme besteht nicht mehr.

[1] § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB a. F..

1.3.5 Der Begriff: Geschäftsräume (§ 312b Abs. 2 BGB)

Geschäftsräume sind die Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, in der Regel also die Büroräume des Wohnungsunternehmens. Den Geschäftsräumen des Wohnungsunternehmens sind die Geschäftsräume des für den Vermieter tätigen Hausverwalters oder Maklers gleichzustellen.

 
Praxis-Beispiel

Keine Geschäftsräume

Nicht zu den Geschäftsräumen zählen insbesondere

  • die Privatwohnung des Mieters oder des Vermieters,
  • Versammlungsräume innerhalb einer Wohnanlage,
  • Räume in Hotels oder Gaststätten, in welchen das Wohnungsunternehmen eine Mieterversammlung abhält.

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