Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer, Heizkosten ausschließlich nach Verbrauch abzurechnen, kann durch Mehrheitsbeschluss geändert werden. Ob eine Änderung des Verteilungsschlüssels für Heizkosten mit der Heizkostenverordnung vereinbar ist, bestimmt sich nach der Fassung der Verordnung, welche bei erstmaliger Geltung des neuen Schlüssels in Kraft ist.
Fakten:
Vorliegend bestimmte die Gemeinschaftsordnung ursprünglich, dass die Verteilung der Heizkosten je zur Hälfte nach Verbrauch und nach Wohnfläche zu erfolgen hat. Die Gemeinschaftsordnung enthält des Weiteren eine Öffnungsklausel, nach der eine Änderung der Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung mit einer Drei-Viertel-Mehrheit erfolgen kann. Ende 1999 hatte die Eigentümerversammlung einstimmig beschlossen, die Heizkosten zu 100 % nach Verbrauch zu verteilen. Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 26. August 2008 hatten die Wohnungseigentümer einen Beschluss gefasst, durch den der Verteilungsschlüssel für die Heizkosten dahin geändert wurde, dass diese ab dem 1. Januar 2009 zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohnfläche abzurechnen sind. Dieser Beschluss wurde seitens eines Wohnungseigentümers angefochten. Der Verteilungsschlüssel konnte durch Mehrheitsbeschluss geändert werden. Nach § 16 Abs. 3 WEG können Wohnungseigentümer nämlich durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 BGB statt nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder einem anderen Maßstab verteilt werden. § 16 Abs. 3 WEG begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, den Verteilungsschlüssel durch Mehrheitsbeschluss abweichend von dem in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten Maßstab, aber auch abweichend von einem durch die Wohnungseigentümer vereinbarten oder beschlossenen Verteilungsschlüssel zu regeln.
Die Beschlusskompetenz der Mehrheit war vorliegend auch nicht deshalb eingeschränkt, weil die Wohnungseigentümer 1999 einstimmig eine rein verbrauchsabhängige Verteilung der Heizkosten beschlossen hatten. Selbst wenn dies als eine rechtsgeschäftliche Bestimmung im Sinne von § 10 HeizkostenVO anzusehen sein sollte, folgt daraus nicht, dass eine Änderung dieses Maßstabs wiederum einen einstimmig gefassten Beschluss erforderte. Nach § 10 HeizkostenVO bleiben rechtsgeschäftliche Bestimmungen unberührt, welche höhere als die in § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 HeizkostenVO genannten Höchstsätze von 70 vom Hundert vorsehen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 16.7.2010 – V ZR 221/09
Fazit:
Auch die Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HeizkostenVO a.F., wonach der Verteilungsschlüssel nur bis zum Ablauf von drei Abrechnungszeiträumen nach seiner erstmaligen Bestimmung geändert werden kann, steht der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses nicht entgegen. In der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung ist die Heizkostenabrechnung nur noch auf Abrechnungszeiträume anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2009 begonnen haben (§ 12 Abs. 6 HeizkostenVO). Für später beginnende Abrechnungszeiträume gilt dagegen die Neufassung der Verordnung, in der eine entsprechende Beschränkung fehlt. Diese Fassung ist hier maßgeblich, da die Änderung des Verteilungsschlüssels mit Wirkung für den am 1. Januar 2009 beginnenden Abrechnungszeitraum beschlossen worden ist. Dass sie im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht in Kraft getreten war, ist unerheblich. Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, Beschlüsse, die künftige Abrechnungszeiträume betreffen, an den dann geltenden Gesetzen und Verordnungen auszurichten; soweit zwingende Vorschriften in Rede stehen, sind sie nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung hierzu auch verpflichtet. Dabei kann offenbleiben, ob der hier angefochtene Beschluss mit Blick auf die beabsichtigte Neuregelung der Heizkostenordnung gefasst worden ist. Maßgeblich ist, dass sein Inhalt mit dem für den betroffenen Abrechnungszeitraum geltenden Recht vereinbar ist; ob dies beabsichtigt war oder eher auf einem Zufall beruht, ist unerheblich.