Leitsatz
1. Für die Wirksamkeit einer Herabsetzung des Krankentagegeldes nach § 4 Abs. 4 MBKT 94 ist der Zugang einer Herabsetzungserklärung des Versicherers beim Versicherungsnehmer Voraussetzung. Der Versicherer ist grundsätzlich nicht berechtigt, die Herabsetzung rückwirkend vorzunehmen, sondern erst ab dem nächsten Monatsersten nach Zugang der Erklärung.
2. Unter Bruttoeinkommen i.S.v. § 4 MBKT 94 ist die Gesamteinheit aller Einnahmen des Versicherten ohne Abzug der Betriesausgaben zu verstehen.
Normenkette
§ 4 MBKT 94
Sachverhalt
Der Kl. nahm den Bekl. auf Krankengeldzahlung gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag in Anspruch.
Das LG gab der Klage statt. Die Berufung des Bkl. blieb erfolglos.
Entscheidung
Nach der Entscheidung des OLG hat das LG dem Kl. mit zutreffender Begründung 6.849,49 DM zugesprochen.
Dem Kl. habe für den Monat Januar 1999 ein Anspruch auf Krankentagegeld gemäß dem geschlossenen Versicherungsvertrag in Höhe von insgesamt 150 DM pro Tag zugestanden.
Dies ergebe - unter Berücksichtigung der von dem Bekl. für diesen Monat bereits gezahlten 70 DM pro Tag - einen Anspruch des Kl. auf Krankentagegeld in Höhe von insgesamt 2.480 DM. Die von dem Bekl. vorgenommene Kürzung des Krankentagegeldes auf 70 DM sei für diesen Monat unberechtigt gewesen.
Nach § 4 Abs. 4 MBKT 94 bestehe für den Bekl. die Möglichkeit, das Krankentagegeld mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen des VN herabzusetzen. Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Herabsetzung des Krankentagegeldes sei der Zugang einer Herabsetzungserklärung des Versicherers beim VN.
Der Bekl. habe die Herabsetzungserklärung mit Schreiben vom 19.1.1999 abgegeben, nachdem ihm am 11.1.1999 eine Kopie des Einkommensteuerbescheids des Kl. für das Jahr 1996 zugegangen war. Für die Herabsetzungserklärung sei offensichtlich dieser Steuerbescheid und nicht die Selbstauskunft des VN im Fragebogen vom 27.11.1998 maßgebend gewesen, da der Bekl. nach der Erteilung dieser Selbstauskunft, in der der Kl. sein Einkommen mit 2.100 DM monatlich bezifferte, weiterhin Wert auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheids gelegt und er in seinem Schreiben vom 19.1.1999 auf den Einkommensteuerbescheid Bezug genommen habe. Unter diesen Umständen sei der Bekl. nicht berechtigt gewesen, rückwirkend bereits ab dem 1.1.1999 eine Herabsetzung vorzunehmen, sondern erst ab dem nächsten Monatsersten, dem 1.2.1999.
Für den Zeitraum vom 1.2. bis zum 20.4.1999 habe das LG dem Kl. zu Recht einen Anspruch auf Zahlung von 4.369, 49 DM gemäß dem betreffenden Tarif zugesprochen. Der Kl. könne von dem Bekl. Krankentagegeld von insgesamt 125,31 DM täglich verlangen. Da der Bekl. bereits 70 DM pro Tag auch für diesen streitgegenständlichen Zeitraum gezahlt habe, verbleibe eine Restforderung des Kl. für 79 Tage × 55,31 DM gemäß der Berechnung des LG.
Der Bekl. sei zwar aufgrund des geringen Nettoeinkommens des Kl. zu einer Reduzierung des Krankentagegeldes in Höhe von ursprünglich 150 DM pro Tag gemäß § 4 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 MBKT 94 berechtigt gewesen, jedoch nicht auf den von ihm mit der Berufung angestrebten Betrag von 70 DM.
Die Berechnung des Nettoeinkommens gemäß § 4 Abs. 2 MBKT 94 i.V.m. Nr. 9 der Tarifbedingungen stehe zwischen den Parteien im Streit. Nach Nr. 9 der Bedingungen würden als Nettoeinkommen 80 Prozent des Bruttoeinkommens aus selbstständiger (freiberuflicher) Tätigkeit gelten. In den MBKT 94 werde der Begriff des "Bruttoeinkommens" nicht definiert. Der Senat folge der Auffassung des 7. Zivilsenats des OLG Frankfurt/M. (OLGR 1997, 240 [241]), der sich das LG in der angegriffenen Entscheidung angeschlossen habe, dass bei der Bestimmung des Bruttoeinkommens i.S.v. § 4 MBKT 94 vom Gesamtbetrag der erzielten Einkünfte des VN ohne Abzug der Betriebsausgaben auszugehen sei.
Unter Bruttoeinkommen werde üblicherweise die Gesamtheit aller Einnahmen verstanden. Es bestehe kein Anlass, vorliegend von diesem Sprachgebrauch abzuweichen. Gegen die Auffassung der Berufung, Betriebsausgaben i.S.d. § 4 EStG herauszurechnen, spreche schon der Sinn der Krankentagegeldversicherung, die dem Selbstständigen die Aufrechterhaltung seines "Einkommensstatus" erhalten solle. Da Betriebsausgaben (z.B. Büromiete, Unterhaltungskosten eines Kfz usw.) nicht unbedingt dann wegfielen, wenn man krankheitsbedingt keine Einnahmen erziele, sei eine Auslegung als angemessen anzusehen, die Kosten dieser Art unberücksichtigt lasse.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass Unklarheiten bei Auslegung der AGB gem. § 5 AGBG zulasten des Verwenders - hier des Bekl. - gingen. Im Zweifel sei der für den VN günstigeren Auslegung der Vorzug zu geben. Dies habe zur Folge, dass bei der Berechnung des Bruttoeinkommens des Kl. im Rahmen der Gewinnermittlung die Abschreibungen für Abnutzungen (AfA) hinzuzurechnen seien. Entgegen der Auffassung des Bekl. sei auch ein etwaiger tatsächlicher Wertverzehr des Anlagevermögens des Kl. bei der Berechnung des Ein...