Leitsatz
Das OLG Brandenburg hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine von der unterhaltsberechtigten Ehefrau früher ausgeübte Erwerbstätigkeit realistischerweise wieder von ihr ausgeübt werden kann. Ferner ging es um die Frage, ob bei einer dauerhaft fortwirkenden Einkommenseinbuße eine Befristung des Unterhaltsanspruchs in Betracht kommt.
Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Scheidungsfolgesache nachehelicher Unterhalt. Bis zur Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrages waren sie über 18 Jahre verheiratet. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1988 und 1990 geborene Töchter hervorgegangen. Ferner war der Ehemann Vater eines im Jahre 2006 geborenen Sohnes.
Der Ehemann war während der Ehe zum Leiter einer Krankenhausapotheke aufgestiegen. Die Ehefrau war gelernte Diätassistentin und hatte während des ehelichen Zusammenlebens im Wesentlichen nicht gearbeitet und sich der Versorgung und Erziehung der beiden gemeinsamen Töchter und der Führung des Haushalts gewidmet. Seit dem Jahre 2004 ging sie einer selbständigen Tätigkeit als Ernährungsberaterin nach. Darüber hinaus erzielte sie Einkünfte aus einem gewerblichen Einzelunternehmen.
Die Parteien trennten sich im Jahre 2005. Im Dezember 2005 ist die Ehefrau mit den beiden gemeinsamen Töchtern aus dem gemeinsamen Haus der Parteien ausgezogen, der Ehemann blieb dort. Daneben bewohnte er eine Wohnung, deren Alleineigentümer er war. Diese Eigentumswohnung nutzte er auch schon während des Zusammenlebens der Parteien.
Auf den im Mai 2006 zugestellten Ehescheidungsantrag des Ehemannes hin hat das AG die Ehe der Parteien geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und ausgesetzt. In der Folgesache nachehelicher Unterhalt wurde dem Antrag der Ehefrau überwiegend stattgegeben. Der Ehemann wurde auf der Grundlage der von ihm festgestellten und tatsächlichen Einkünfte beider Parteien zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 1.237,00 EUR (1.000,00 EUR Elementarunterhalt und 237,00 EUR Altersvorsorgeunterhalt) verurteilt.
Beide Parteien legten gegen die Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt Berufung ein.
Der Ehemann begehrte Zurückweisung des Antrages auf Zahlung nachehelichen Unterhalts und hilfsweise dessen zeitliche Befristung. Die Ehefrau verlangte Heraufsetzung des nach ihrer Auffassung unbegrenzt geschuldeten Unterhalts.
Die Rechtsmittel beider Parteien führten zu einer nur geringfügigen Änderung der angefochtenen Entscheidung. Ihrer weitergehenden Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Ehefrau stehe ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB i.H.v. monatlich 1.234,00 EUR zu, wovon 973,00 EUR auf den Elementarunterhalt und 261,00 EUR auf den Altersvorsorgeunterhalt fielen. Für eine Herabsetzungen und/oder Befristung dieses Unterhaltsanspruchs sei gegenwärtig kein Raum.
Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts könne die Unterhaltsbemessung nicht auf der Grundlage des tatsächlich erzielten Einkommens der Ehefrau aus ihrer selbständigen Tätigkeit erfolgen. Unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsbiografie müsse sie sich vielmehr ein fiktives monatliches Einkommen aus einer vollschichtigen Anstellung i.H.v. bereinigt 1.000,00 EUR seit Beginn des Anspruchszeitraums zurechnen lassen. Einkünfte in dieser Höhe könne sie erzielen, wenn sie die ihr unterhaltsrechtlich obliegenden Bewerbungsbemühungen entfaltet und rechtzeitig alle gebotenen Möglichkeiten genutzt hätte, um für die Zeit nach der Scheidung eine angemessene vollschichtige Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zu finden. Ab der zweiten Jahreshälfte 2007 habe die Ehefrau die Obliegenheit getroffen, sich um die Aufnahme einer vollschichtigen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit zu bemühen. Allerdings bestehe eine reale Chance auf Rückkehr in den früher ausgeübten Beruf nach der Erwerbsbiografie der Ehefrau tatsächlich nicht. Sie habe zwar eine qualifizierte Ausbildung absolviert, jedoch eine langjährige Berufspause eingelegt und deswegen stagnierende Kenntnisse in ihrem Beruf. Im Übrigen sei sie nunmehr 48 Jahre alt. Im Vergleich zu dem Ehemann, dem sie während der Ehe durch Haushaltsführung und Kindererziehung den Rücken freigehalten habe, bestehe auf Dauer ein Einkommensgefälle. Dies stehe einer Unterhaltsbefristung gemäß § 1578b Abs. 2 BGB ebenso entgegen wie eine Unterhaltsherabsetzung gemäß § 1578b Abs. 1 BGB.
Im Falle einer längeren Erwerbspause spreche eine Vermutung für fortwirkende ehebedingte Nachteile. Wolle der Unterhaltsverpflichtete dies bestreiten, müsse er die maßgeblichen Umstände darlegen und beweisen. Ob sich die Ehefrau auch noch nach einer Übergangszeit von hier etwa acht Jahren auf eine Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen habe, sei bislang keiner verlässlichen Prognose zugänglich. Für ein späteres Befristungs- oder Herabsetzungsverlangen müsse der Ehemann daher auf die Möglichkeit der Abänderungsklage verwiesen werden.
Hinweis
Das OLG Brandenburg hat sich in seine...