Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienststellenleiter. Dienstvorgesetzter. Initiativantrag. Initiativrecht. Schulleiter

 

Leitsatz (amtlich)

Nach hessischem Personalvertretungsrecht entfällt ein Initiativrecht nicht dadurch, daß eine andere Behörde oder ein anderes Organ als der Dienststellenleiter für die Sachentscheidung zuständig ist (Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des beschließenden Fachsenats, vgl. Hess.VGH, Beschlüsse vom 27. Februar 1992 – HPV TL 630/87 – und vom 11. Juni 1992 – HPV TL 175/90 –).

Dies gilt auch dann, wenn nicht der Schulleiter oder einer seiner Dienstvorgesetzten, sondern eine Kommune als Schulträger die Entscheidungskompetenz hat.

 

Normenkette

HPVG § 69 Abs. 2-3, § 74 Abs. 1 Nr. 6, § 83 Abs. 1

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 29.01.1996; Aktenzeichen 6 P 1.93)

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller ein Initiativrecht hinsichtlich der Entfernung sämtlicher asbesthaltiger Stoffe aus der Friedrich-Ebert-Schule in Frankfurt am Main zusteht.

Bei der Errichtung der Schule war asbesthaltiges Material verbaut worden, so daß es zu Immissionen in Form von Asbestfasern bzw. Asbeststäuben kam. Bei baulichen Sanierungsmaßnahmen wurden nicht alle asbesthaltigen Materialien entfernt, sondern die verbliebenen Materialien „versiegelt”.

Mit Schreiben vom 19. April 1988 beantragte der Antragsteller bei dem beteiligten Schulleiter die Entfernung aller asbesthaltiger Baustoffe. Mit Schreiben vom 2. Mai 1988 lehnte der Schulleiter diesen Initiativantrag ab und führte zur Begründung aus, der Antragsteller habe keine rechtliche Möglichkeit, Maßnahmen gegenüber dem Magistrat der Stadt Frankfurt am Main durchzusetzen, da die Möglichkeit der Einleitung eines Stufenverfahrens gegenüber dem Schulträger nicht bestehe. In der Folgezeit lehnten auch das Staatliche Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main und der Regierungspräsident in Darmstadt die Durchführung eines Stufenverfahrens ab.

Am 17. Oktober 1988 hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren eingeleitet und vorgetragen, ihm stehe im Hinblick auf die durch Asbeststäube und Asbestfasern verursachten Gesundheitsgefahren ein Initiativ- und Mitbestimmungsrecht nach §§ 69 Abs. 3, 74 Abs. 1 Nr. 6 HPVG zu.

Der Antragsteller und der Beteiligte zu 1. haben beantragt

  1. festzustellen, daß dem Personalrat der Friedrich-Ebert-Schule ein Initiativ- und Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Entfernung sämtlicher asbesthaltiger Stoffe, die in der Friedrich-Ebert-Schule verbaut wurden, zusteht,
  2. festzustellen, daß gegen die Ablehnung des Initiativantrags des Personalrats vom 19. April 1988 durch den Dienststellenleiter das Stufenverfahren gemäß § 70 HPVG durchgeführt werden kann.

Der Beteiligte zu 1. hat vorgetragen, der Schulpersonalrat sei eindeutig zur Antragstellung berechtigt gewesen. Ebenso eindeutig sei in § 70 Abs. 1 HPVG geregelt, daß er das Stufenverfahren beantragen könne, nachdem eine Einigung mit dem Dienststellenleiter nicht zu erreichen gewesen sei. Die Erörterung der Angelegenheit bei der Stufenvertretung biete dem Regierungspräsidenten in Darmstadt die Möglichkeit, als Leiter der Mittelbehörde die Fürsorgepflicht gegenüber den Landesbediensteten wahrzunehmen und als Leiter der Aufsichtsbehörde gegenüber den Schulträgern Regelungen herbeizuführen, zu deren Entscheidung der Schulleiter nicht befugt sei.

Der Beteiligte zu 2. hat sich im erstinstanzlichen Verfahren nicht schriftsätzlich geäußert und keinen Antrag gestellt.

Der Beteiligte zu 3. hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, die vom Antragsteller begehrte Feststellung von Initiativ- und Mitbestimmungsrechten bzw. der Zulässigkeit eines Stufenverfahrens werde von dem abschließenden Katalog der Fälle, in denen das Verwaltungsgericht zur Entscheidung angerufen werden könne, ersichtlich nicht erfaßt. Der Antrag sei aber auch deshalb unbegründet, weil er Angelegenheiten betreffe, für die der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main als Schulträger zuständig sei. Materiell beteiligungsbefugt könne nur das Personalvertretungsorgan sein, dessen Dienststelle zur Entscheidung über die im Streit stehende Maßnahme berufen sei. Eine derartige Entscheidungskompetenz habe der Schulleiter jedoch nicht. Im übrigen komme ein Stufenverfahren auch deshalb nicht in Frage, weil weder dem Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main noch dem Regierungspräsidium in Darmstadt oder dem Hessischen Kultusministerium in Fragen von Schulbaumaßnahmen eine Entscheidungsbefugnis zustehe.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 7. Dezember 1989 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, eine Voraussetzung für das Bestehen eines Initiativrechts sei es, daß der Leiter der Dienststelle, bei der die jeweilige Personalvertretung gebildet sei, auch zur Entscheidung über die beantragte, der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme befugt sei oder jedenfalls den zur Entscheidung befugten Rechtsträger repräsentiere. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Zur E...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge