Entscheidungsstichwort (Thema)

Auszubildendenvertretung. Beschwerdefrist. Geschäftsführung. Jahresfrist. Jugendvertretung. Kostenerstattung. Mitgliedschaftsrecht. Verkündung. Zustellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die einmonatige Beschwerdefrist nach §§ 87 Abs 2, 66 Abs 1 Satz 1 ArbGG beginnt gemäß § 516 ZPO mit der Zustellung des mit Gründen und Rechtsmittelbelehrung versehenen Beschlusses zu laufen. Die Zustellung eines Beschlußtenors reicht nicht aus.

2. Auch die nach § 9 Abs 5 Satz 4 ArbGG vorgesehene Jahresfrist setzt die Zustellung einer mit Gründen versehenen Entscheidung voraus.

3. Ist ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren, in dem es um seine Weiterbeschäftigung und damit auch um seine Mitgliedsschaftsrechte geht, nach § 83 Abs 3 ArbGG beteiligt, sind ihm dadurch entstehende Kosten von der Dienststelle zu erstatten.

 

Normenkette

ArbGG §§ 50, 64 Abs. 6 S. 1, § 66 Abs. 1 S. 1, § 84 S. 3, § 87 Abs. 2, § 9 Abs. 5 S. 4; HPVG § 42 Abs. 1, § 56 S. 1, § 65 Abs. 2, 4; ZPO § 516

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin erstrebt die Feststellung, daß der Beteiligte verpflichtet ist, sie von Anwaltskosten, die ihr in einem früheren personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren erwachsen sind, freizustellen.

Die Antragstellerin war seit dem 1. September 1985 beim Hessischen Straßenbauamt Gießen als Auszubildende (Bauzeichnerin) beschäftigt. Am 14. Mai 1987 wurde die Antragstellerin in die Jugend- und Auszubildendenvertretung des Hessischen Straßenbauamtes Gießen gewählt. Kurz vor Beendigung ihres Ausbildungsverhältnisses mit Bestehen der Abschlußprüfung am 15. Juli 1988 beantragte sie unter Hinweis auf ihre Mitgliedschaft in der Jugend- und Auszubildendenvertretung ihre Übernahme in ein Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit. Daraufhin leitete das Hessische Landesamt für Straßenbau beim Verwaltungsgericht in Gießen ein verwaltungsgerichtliches Beschlußverfahren nach § 65 Abs. 4 HPVG ein (Az.: L 1717/88); in diesem Verfahren war außer dem Leiter des Hessischen Straßenbauamtes Gießen sowie dem Personalrat des Hessischen Straßenbauamtes Gießen und der Jugend- und Auszubildendenvertretung dieser Behörde die Antragstellerin beteiligt. Im ersten Rechtszug hatte sich die Antragstellerin anwaltlich vertreten lassen, wodurch ihr Anwaltskosten in Höhe von 802,56 DM entstanden sind; Prozeßkostenhilfe war der Antragstellerin seinerzeit nicht bewilligt worden. Mit Beschluß vom 2. August 1989 stellte das Verwaltungsgericht Gießen fest, daß zwischen dem Land Hessen und der damaligen Beteiligten zu 1., der Antragstellerin dieses Verfahrens, im Anschluß an deren Berufsausbildung kein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden sei. Der Fachsenat wies die dagegen eingelegte Beschwerde zurück. Über die gegen den Beschluß eingelegte Rechtsbeschwerde ist noch nicht entschieden.

In dem vorliegenden Verfahren, das die Antragstellerin am 24. Juli 1990 eingeleitet hat, begehrt sie von ihrer früheren Dienststelle die Freistellung von den ihr in dem vorangegangenen Beschlußverfahren entstandenen Anwaltskosten.

Sie vertritt die Auffassung, die Dienststelle sei gemäß § 65 i.V.m. § 42 Abs. 1 HPVG verpflichtet, die erforderlichen Kosten der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu tragen. Dazu zählten auch die ihr in dem damaligen Verfahren entstandenen Anwaltskosten. Sie habe als notwendig Beteiligte an einem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren teilgenommen, in dem der Streit um Fragen des Personalvertretungsrechts gegangen sei. In der Rechtsprechung sei anerkannt, daß auch Anwaltskosten erstattungsfähig seien, die im Rahmen eines Beschlußverfahrens durch ein einzelnes Personalratsmitglied verursacht würden. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes sei nicht mutwillig gewesen, da ihre Verteidigung gegen den Antrag des Präsidenten des Hessischen Landesamtes für Straßenbau nicht von vornherein aussichtslos gewesen sei; dies zeige schon die Tatsache, daß das Arbeitsgericht Gießen das Land Hessen am 5. April 1988 verurteilt habe, sie – die Antragstellerin – tatsächlich weiterzubeschäftigen.

Die Antragstellerin hat beantragt

festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, die Antragstellerin von den für ihre Prozeßvertretung in dem Beschlußverfahren des Verwaltungsgerichts Gießen – Az.: L 1717/88 – entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 802,56 DM freizustellen.

Der Beteiligte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, der Antrag sei unzulässig, da er gegen den falschen Beteiligten gerichtet sei. Bei Ansprüchen nach § 65 HPVG sei der Arbeitgeber, mithin also das Land Hessen, verfahrensbeteiligt. Das Land werde in Streitverfahren durch das Hessische Landesamt für Straßenbau vertreten. Mithin sei das Verwaltungsgericht Wiesbaden örtlich zuständig. Der Antrag sei aber auch unbegründet, da es sich bei den geltend gemachten Anwaltskosten um keine Kosten der Jugend- und Auszubildendenvertretung handele, die von der Dienststelle gemäß § 56 i.V.m. § 42 HPVG zu t...

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