Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligungsfähigkeit einer Kommanditgesellschaft. Beteiligtenfähigkeit, Gesamtrechtsnachfolge, Kommanditgesellschaft,Rubrumsänderung, Simultaninsolvenz, subjektive Klageänderung, Vollbeendigung. Führen einer Eröffnung des Insolvenzverfahrensüber das Vermögen der Treuhandkommanditistin mit lediglich einer weiteren Gesellschafterin beinhaltende AG & Co. KG zum Ausscheiden der Kommanditistin aus der KG. Führen dieses Umstandes zu einer liquidationslosen Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft unter Gesamtrechtsnachfolge der Komplementär-AG. Anwendung der Vorschrift des§131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) für den Fall der sog. Simultaninsolvenz. Beteiligungsfähigkeit einer aufgelösten Gesellschaft im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Treuhandkommanditistin einer AG & Co. KG, die lediglich eine weitere Gesellschafterin hat, führt zum Ausscheiden der Kommanditistin aus der KG und zur liquidationslosen Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft unter Gesamtrechtsnachfolge der Komplementär-AG (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB). Die Vorschrift des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB findet grundsätzlich auch im Fall der sog. Simultaninsolvenz Anwendung.
Normenkette
HGB § 124 Abs. 1 S. 2, § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 161 Abs. 2; VwGO § 61 Nr. 2, §§ 91, 173; ZPO § 239 ff.
Verfahrensgang
VG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.10.2007; Aktenzeichen 1 E 3941/06 (V)) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin – eine AG & Co. KG – begehrt die Aufhebung eines Bescheides der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2006.
Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 untersagte die Beklagte der Klägerin gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG), das Finanzkommissionsgeschäft i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, dadurch zu betreiben, dass sie auf der Grundlage von Verträgen über sog. treuhänderische Beteiligungen Gelder von Anlegern entgegen nimmt, um hiermit Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung anzuschaffen und zu veräußern (I. des Bescheids). Gleichzeitig wurde der Klägerin die Werbung für Finanzkommissionsgeschäfte untersagt (II. des Bescheids), die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Finanzkommissionsgeschäfte angeordnet (III. des Bescheids) und Rechtsanwalt X… zum Abwickler der ohne die erforderliche Erlaubnis betriebenen Finanzkommissionsgeschäfte bestellt (IV. des Bescheids). Darüber hinaus wurden der Klägerin Weisungen erteilt (V. des Bescheids), Zwangsgelder angedroht (VI. und IX. des Bescheids), eine Gebühr festgesetzt (VII. des Bescheids) sowie ein Auskunfts- und Vorlegungsersuchen erlassen (VIII. des Bescheids).
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 20. Juni 2005 Widerspruch ein.
Über das Vermögen der Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 12. September 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt A. zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 10. November 2005 wurde auch über das Vermögen der B. – der einzigen Kommanditistin der Klägerin – das Insolvenzverfahren eröffnet. Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der C. – Komplementärin der Klägerin – wies das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom 5. Januar 2006 mangels Masse ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2006 – gerichtet an den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Klägerin – stellte die Beklagte das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 15. Juni 2005 teilweise ein und wies den Widerspruch der Klägerin im Übrigen als unbegründet zurück. Dabei ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin als Adressatin des Bescheids nicht weggefallen sei. Die Anordnungen hätten ihre Adressatin weder dadurch verloren, dass über das Vermögen ihrer Treuhandkommanditistin das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, noch dadurch, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Komplementärin mangels Masse abgelehnt worden sei. Zwar führe die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des vorletzten Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft nach §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) regelmäßig zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt sei, und damit ...