Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung von Kindergärten freier Träger durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Ermessen. Förderung. Gemeinde. Haushaltsmittel. Jugendhilfe. Kindergarten. Landkreis. Träger. Zuständigkeit. Jugendwohlfahrts- und Jugendförderungsrechts
Leitsatz (amtlich)
Für die Entscheidung über die Förderung eines Kindergartens eines freien Trägers nach § 74 SGB VIII sind die Landkreise als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch dann zuständig, wenn allein ihre kreisangehörigen Gemeinden in eigener Trägerschaft Kindergärten betreiben und auch Kindergärten kirchlicher Träger fördern, ohne jedoch selbst zu Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt worden zu sein.
Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann sich dieser Verpflichtung weder dadurch entziehen, dass er hierfür keine Mittel in seinen Haushalt einstellt, noch dadurch, dass er sich auf eine Gleichbehandlung des eine Förderung begehrenden freien Trägers mit anderen (freien und öffentlichen) Trägern beruft, die ebenfalls keine Förderung von ihm erhalten.
Ist der Kindergarten des freien Trägers in die Jugendhilfeplanung des öffentlichen Jugendhilfeträgers einbezogen, damit dieser die an ihn gerichteten Rechtsansprüche von Kindern auf einen Kindergartenplatz nach § 24 Satz 1 SGB VIII erfüllen kann, besteht in der Regel ein Anspruch auf Förderung dem Grund nach. Auch dann ist eine angemessene Eigenleistung des freien Trägers erforderlich.
Ein Anspruch des freien Trägers auf eine bestimmte Art oder Höhe der Förderung besteht nicht. Er hat auch keinen Anspruch darauf, dass sein Kindergarten mit dem Durchschnittswert dessen gefördert wird, was die kreisangehörigen Gemeinden für den Betrieb eigener Kindergärten aus ihren öffentlichen Kassen aufwenden. In der Regel kommt daher auch bei Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nur eine Verpflichtung zur Neubescheidung in Betracht.
Normenkette
HGO § 19; SGB VIII §§ 22, 3-4, 69, 74; VwGO §§ 113-114
Verfahrensgang
VG Kassel (Urteil vom 23.02.2004; Aktenzeichen 5 E 72/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 23. Februar 2004 – 5 E 72/01 – abgeändert.
Die Bescheide des Beklagten vom 29. August 2000, 16. Februar 2001, 23. Januar 2002 und 30. Dezember 2002 und die Widerspruchsbescheide vom 18. Dezember 2000, 5. Juli 2001, 22. März 2002 und 5. Februar 2003 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, den Kläger hinsichtlich seiner Anträge auf Gewährung eines Betriebskostenzuschusses für den von ihm betriebenen Kindergarten „…” für die Jahre 2000 bis 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger und der Beklagte haben die Kosten des gesamten Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Betriebskostenzuschusses für einen vom Kläger betriebenen Kindergarten für die Jahre 2000 bis 2003.
Der Kläger betreibt seit 1992 in der Gemeinde A-Stadt im Kreisgebiet des beklagten Landkreises die alterübergreifende Kindertagesstätte „…”. Er erhielt zunächst die Erlaubnis für den Betrieb eines Kindergartens mit 15 Plätzen und später mit 18 Plätzen.
Seit 1993 erhielt er von der Gemeinde A-Stadt einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 66,00 DM pro Kindergartenplatz. Er erstrebte gegenüber der genannten Gemeinde zunächst eine Erhöhung dieses Zuschusses, was die Gemeinde jedoch ablehnte. Die vom Kläger hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Kassel mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 3. August 1999 (– 5 E 5346/94 (5) –, HSGZ 2000, 79) ab und führte zur Begründung im wesentlichen aus, ein Anspruch könne sich allenfalls gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergeben, mithin gegen den Beklagten des vorliegenden Verfahrens, weil sich nach § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII Leistungsverpflichtungen nur an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe richteten, was gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII nur die Kreise und kreisfreien Städte seien, nicht jedoch die kreisangehörigen Gemeinden. Auch der Anspruch aus § 74 SGB VIII auf institutionelle Förderung könne sich allenfalls gegen den Beklagten als örtlichen Träger der Jugendhilfe richten.
Der Kläger begehrte daraufhin mit Schreiben vom 16. Dezember 1999 vom Beklagten die Gewährung eines Betriebskostenzuschusses in Höhe von 100.274,00 DM für das Jahr 2000. Diesen Antrag lehnte der Beklagte nach Beteiligung des Jugendhilfeausschusses mit Bescheid vom 29. August 2000 ab. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung eines Betriebskostenzuschusses, weil ...