Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstverhältnis. Kündigung. Lehrauftrag. Lehrbeauftragter. Verwaltungsfachhochschule. Widerruf
Leitsatz (amtlich)
1. Zwischen dem Lehrbeauftragten an einer Verwaltungsfachhochschule und dem Land Hessen besteht ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besonderer Art.
2. Die Beendigung des Lehrauftragsverhältnisses richtet sich nicht nach den Vorschriften des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff. BGB), sondern mangels spezieller öffentlich-rechtlicher Regelungen nach den gesetzlichen Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsrechts (§§ 48, 49 HVwVfG).
Normenkette
BGB §§ 611, 626; GG Art. 33 Abs. 4; HVwVfG §§ 48-49
Tatbestand
Der Kläger, der Rechtsanwalt in Wiesbaden ist, war seit dem Wintersemester 1981/82 nebenberuflich als Lehrbeauftragter bei der Abteilung Frankfurt am Main der Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden tätig. Zuletzt wurde ihm am 26.9.1983 für das Wintersemester 1983/84 ein Lehrauftrag für das Fach Privatrecht mit einem Umfang von insgesamt 132 Lehrveranstaltungsstunden erteilt. Die Vergütung betrug 33,10 DM je Lehrveranstaltungsstunde.
Am 26.10.1983 erhielt der Rektor der Verwaltungsfachhochschule davon Kenntnis, daß der Kläger als Unterbevollmächtigter des Rechtsanwalts D. aus Bad Schwalbach zwei Schriftsätze vom 6.10.1983 unterzeichnet hatte, in denen dieser im Auftrag eines Studierenden der Verwaltungsfachhochschule Widerspruch gegen eine Prüfungsentscheidung erhob. Daraufhin kündigte der Rektor der Verwaltungsfachhochschule mit Schreiben vom 27.10.1983, dem Kläger zugegangen am 2.11.1983, das Lehrauftragsverhältnis aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Er wertete das Verhalten des Klägers als Treuepflichtverletzung. Der Kläger habe sich gegen eine oberste Behörde des Landes Hessen gewandt, zu dem sein Beschäftigungsverhältnis als Lehrbeauftragter begründet sei.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15.11.1983 hat der Kläger am 18.11.1983 beim Arbeitsgericht Wiesbaden Klage erhoben. Durch Urteil vom 2.12.1983 hat das Arbeitsgericht Wiesbaden den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Wiesbaden verwiesen.
Der Kläger ist der Ansicht, die fristlose Kündigung des Lehrauftragsverhältnisses sei unwirksam. Der Rektor der Verwaltungsfachhochschule sei nicht befugt gewesen, die Kündigung auszusprechen. Diese Befugnis stehe allein dem Fachbereichsrat zu. Der Vorwurf der Treuepflichtverletzung sei unzutreffend, denn er habe lediglich die Interessen des Rechtsanwalts D. als dessen Unterbevollmächtigter vertreten. Dieser habe ihn in einem Telefongespräch aus Paris aufgefordert, wegen dringenden Fristablaufs Widerspruch einzulegen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Lehrauftragsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 27.10. 1983 nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 2.11.1983 hinaus fortbesteht, und den Beklagten zu verurteilen, an ihn, den Kläger, die für das Wintersemester 1983/84 vereinbarte Vergütung für den Lehrauftrag zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, selbst wenn der Kläger lediglich als Unterbevollmächtigter tätig gewesen sei, habe er in erster Linie die Interessen des Mandanten und erst in zweiter Linie die des vertretenen Anwalts wahrgenommen. Dieses Verhalten stelle eine Treuepflichtverletzung dar, die die sofortige Beendigung des Lehrauftragsverhältnisses rechtfertige. Es könne nicht hingenommen werden, daß der Kläger im Rahmen der Anfechtung einer Prüfungsentscheidung die Art und Weise der Bewertung von Prüfungsleistungen angreife, die von haupt- und nebenamtlichen Dozenten der Abteilung Frankfurt vorgenommen worden sei, deren Kreis er als Lehrbeauftragter selber angehöre.
Durch Urteil vom 24.9.1984 hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden festgestellt, daß das Lehrauftragsverhältnis des Klägers durch die außerordentliche Kündigung vom 27.10.1983 nicht aufgelöst wurde, und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 4.369,20 DM zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Verweisung des Rechtsstreits durch das Arbeitsgericht, an die das Verwaltungsgericht gemäß § 48 a Arbeitsgerichtsgesetz gebunden sei, sei zu Recht erfolgt, denn das Lehrauftragsverhältnis des Klägers sei ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, das durch einseitigen Akt der Erteilung des Lehrauftrags begründet werde. Für die öffentlich-rechtliche Natur des Lehrauftragsverhältnisses spreche auch, daß mit der Erteilung des Lehrauftrags nicht gleichzeitig die Vergütung ausgehandelt werde, sondern dies einem besonderen Festsetzungsverfahren vorbehalten sei. Die Klage sei auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs zulässig. Zwar fehle es an einem derartigen Antrag auf Zahlung der vereinbarten Vergütung an den Beklagten, dieser sei jedoch konkludent in dem Feststellungsbegehren enthalten. Die zulässige Klage sei auch begründet. Entgegen der Ansicht des Klägers sei der Rektor befugt gewesen, die als Widerruf anzusehende Kündigung des Lehrauftragsverhältnisses auszus...