vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 12/11)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung von Zinsen als Forderungen aus unerlaubter Handlung in einem insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
- Hinterziehungszinsen gem. § 235 AO sind weder Forderungen aus unerlaubter Handlung i.S.d. § 302 Nr. 1 InsO noch sind sie unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt von der Restschuldbefreiung ausgenommen.
- Bei der Erhebung von Hinterziehungszinsen handelt es sich nicht um eine Strafmaßnahme und demzufolge auch nicht um eine Nebenstrafe oder Nebenfolge einer Straftat.
Normenkette
InsO § 302 Nrn. 1-2; AO § 235
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung von Zinsen als Forderungen aus unerlaubter Handlung in einem insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahren.
Dabei ist streitig, ob Hinterziehungszinsen gemäß § 235 der Abgabenordnung – AO – gemäß § 302 der Insolvenzordnung – InsO – entweder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 302 Nr. 1 InsO) oder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Geldstrafe oder einer diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO gleichgestellten Verbindlichkeit (§ 302 Nr. 2 InsO) von der insolvenzrechtlichen Restschuldbefreiung ausgenommen sind.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts F. vom 4. Juni 2009 wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung betreffend die Jahre 1999 bis 2003 zu einer Geldstrafe verurteilt.
Durch Beschluss des Amtsgerichts A. (Aktenzeichen 810 IK 1150/07 R) vom 05.12.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet.
Mit Schreiben vom 29.12.2009 meldete der Beklagte Hinterziehungszinsen gemäß § 235 AO in Höhe von insgesamt 52.057,52 EUR gemäß § 174 Abs. 2 InsO zur Insolvenztabelle an.
Zur Begründung führte er an, es handele sich um Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung.
Der Kläger widersprach der Feststellung der Forderungen als Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung.
Mit Bescheid vom 16. März 2010 stellte der Beklagte die vom Kläger bestrittenen Forderungen gemäß § 251 Abs. 3 der AO als Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gemäß § 302 Nr. 1 InsO förmlich fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 31. März 2010 Einspruch ein. Mit diesem Rechtsbehelf begehrte er die Aufhebung des Feststellungsbescheides.
Zur Begründung führte er an, dass nach anerkannter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – hinterzogene Steuern keine Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung darstellten. Wenn also bereits eine Steuerhinterziehung keine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung sei, gelte dieses erst recht für die Hinterziehungszinsen.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. April 2010 als unbegründet zurück.
Der Beklagte begründete seine Entscheidung damit, dass er zwar auch die Auffassung vertrete, dass hinterzogene Steuern keine Ansprüche aus unerlaubten Handlungen i. S. d. § 302 Nr. 1 InsO darstellten, weil diese unabhängig von der Steuerhinterziehung mit der Verwirklichung des Tatbestands, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe, entstünden. Steuerhinterziehungszinsen fielen aber deshalb unter § 302 InsO, weil sie eine unmittelbare Folge der unerlaubten Handlung (Steuerhinterziehung) darstellten.
Zwar hätten nach einhelliger Auffassung im Schrifttum und der Rechtsprechung Hinterziehungszinsen keinen Strafcharakter, so dass zum Teil die Auffassung vertreten werde, dass Hinterziehungszinsen nicht unter § 302 Nr. 2 InsO zu subsumieren seien. Da es aber Zweck des § 235 AO sei, den erlangten Zinsvorteil beim Nutznießer der Steuerhinterziehung abzuschöpfen, seien Hinterziehungszinsen mit einer Geldstrafe durchaus vergleichbar. Da, so die Auffassung des Beklagten, eine Steuerhinterziehung aber ohne weiteres als unerlaubte Handlung anzusehen sei und von §§ 370 ff. AO ausdrücklich unter Strafe gestellt sei, sei es unbillig, Hinterziehungszinsen nach § 235 AO an der Restschuldbefreiung teilnehmen zu lassen.
Bei Hinterziehungszinsen handele es sich um Nebenfolgen einer Straftat im Sinne von § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO, der von Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungs- und Zwangsgeldern sowie solchen Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit spricht, die zu einer Geldleistung verpflichten. Derartige Forderungen seien ausdrücklich nach § 302 Nr. 2 i. V. m. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht berührt. Dass es sich bei derartigen Forderungen um zivilrechtliche deliktischen Ansprüche handeln müsse, sei der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen.
Am 27. Mai 2010 hat der Kläger Klage erhoben.
Er verfolgt sein Ziel auf Aufhebung des Feststellungsbescheides vom 16. März 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2010 weiter.
Zur Begründung führt er an, dass bereits der BFH in seiner Entscheidung vom 19. August 2008 VII R 6/07,...