Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine sittliche Verpflichtung aufgrund langjähriger enger Beziehung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Entgegennahme von Geldleistungen im Zusammenhang mit nicht auf familienrechtlicher Grundlage erbrachten Pflege- und Betreuungsleistungen läßt auf das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht schließen.
- Eine langjährige enge Beziehung begründet noch keine sittliche Verpflichtung zur Übernahme von Pflege- und Betreuungsleistungen, die zur Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 36 EStG führt.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 36, § 12 Nr. 1, § 22 Nr. 3
Streitjahr(e)
1994, 1995, 1996
Tatbestand
Durch eine Anzeige erfuhr der Beklagte im Jahr 1998 von Einnahmen, die der Klägerin in den Jahren 1994 bis 1996 von Frau ... zugeflossen und bisher steuerlich nicht erfaßt waren. Im Rahmen des Steuerstrafverfahrens erklärte der Anwalt der Klägerin, diese habe im Jahr 1994 ... DM, im Jahr 1995 ... DM und im Jahr 1996 ... DM von Frau ... erhalten. Anfang 1994 sei die Schwester von ... an die Klägerin mit der Bitte herangetreten, während der Urlaubsabwesenheit der bisherigen Pflegerin einzuspringen, um die Versorgung von ... zu gewährleisten. Wegen der langen Bekanntschaft mit ... habe sich die Klägerin hierzu verpflichtet gefühlt und die Pflegetätigkeit übernommen. Nachdem sich zwischen ... und der Klägerin das vertrauensvolle Verhältnis weiter verstärkt hatte, habe ... auch künftig von der Klägerin betreut werden wollen; sie habe die Klägerin inzwischen als ihre eigene Familie betrachtet. Das wegen des Pflegebedarfs von ... bezogene Pflegegeld habe diese an die Klägerin weitergegeben. Auf die Ausführungen im Schreiben der Rechtsanwälte vom 21. Dezember 1998 wird im übrigen Bezug genommen.
Der Beklagte qualifizierte die der Klägerin in den einzelnen Jahren zugeflossenen Geldbeträge als gewerbliche Einkünfte und änderte die bestandskräftigen Einkommensteuer(ESt-)festsetzungen der Jahre 1994 bis 1996 mit Bescheiden vom 25. August 1999.
Nach erfolglosem Rechtsbehelfsverfahren haben die Kläger Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, er lägen nicht steuerbare Einnahmen vor, da die nach § 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht fehle. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liege kein auf Einkommensmehrung gerichteter Leistungsaustausch vor, wenn Angehörige im Rahmen des familiären Zusammenlebens untereinander Leistungen erbringen und dafür Zahlungen empfangen. Geldbeträge, die für die Pflege von Angehörigen erbracht werden, würden im Rahmen der familiären Lebensgemeinschaft und damit außerhalb anderweitiger Leistungsbeziehungen erbracht.
Dies müsse auch im Streitfall gelten. Sie, die Klägerin stelle die Familie der ... dar. Es habe eine so enge Beziehung zwischen der Pflegenden und der Pflegebedürftigen bestanden, daß eine andere Betrachtungsweise ausscheide. Die Entscheidung, ob steuerbare Einnahmen vorliegen oder nicht, könne nicht allein davon abhängig sein, ob eine familiäre Beziehung im Sinne eines zivilrechtlichen Verwandtschaftsverhältnisses bestehe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf den Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 2. Mai 2000 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
die Änderungsbescheide vom 25. August 1999 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 2. Februar 2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidungen.
Dem Senat haben die einschlägigen ESt-Akten des Beklagten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Änderungsbescheide vom 25. August 1999 sind rechtmäßig.
Der Beklagte hat die der Klägerin in den Jahren 1994 bis 1996 von Frau ... zugeflossenen Geldbeträge zutreffend der Einkommensteuer unterworfen.
Bei den Geldleistungen an die Klägerin handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin um steuerbare Einnahmen im Sinne des § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Diese sind nach Ansicht des Senats der Klägerin als Entgelt für gegenüber der ... erbrachte Pflegedienste zugeflossen; im Hinblick auf die steuerliche Auswirkung kann dahingestellt bleiben, ob die Einnahmen der Klägerin zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG zu rechnen sind.
Durch die Entgegennahme des Geldes hat die Klägerin den objektiven Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. Daraus folgt zugleich auch die Einkünfteerzielungsabsicht, denn dieses nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderliche subjektive Tatbestandsmerkmal kann nur anhand objektiver Merkmale beurteilt und aus solchen abgeleitet werden. Maßgeblich ist, wie sich die Verhältnisse aus der Sicht des an objektiven Gegebenheiten orientierten Steuerpflichtigen dargestellt haben ( vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 2. August 1994 VIII R 55/93, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 1995, 866). Nachdem die Klägerin über einen Zeitraum von über 2 Jahren die Betreuungsl...