Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung durch Niederlegung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Wirksamkeit der Bekanntgabe steht nicht entgegen, dass die Postzustellungsurkunde im Adressfeld den angegebenen Empfänger nicht als den gem. § 183 AO gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten ausweist.
2. Mit der Niederlegung beim Postamt der Wohnsitzgemeinde und der Mitteilung hierüber ist die Ersatzzustellung gem. § 3 Abs. 3 VwZG i.V.m. § 182 ZPO vollzogen und damit die Zustellung der angefochtenen Bescheide rechtswirksam.
3. Durch den Hinweis auf die Abweichungen in dem Steuerbescheid wird der ursächliche Zusammenhang zwischen unterbliebener Anhörung und Versäumen der Einspruchsfrist unterbrochen und überlagert.
Normenkette
AO § 122 Abs. 5; VwZG § 3; AO §§ 183, 110
Streitjahr(e)
1993, 1994
Nachgehend
Tatbestand
Bei der Klägerin handelt es sich um eine mit Vertrag vom 1.12.1993 gegründete Kommanditgesellschaft, deren Gegenstand in der Verwaltung des Grundvermögens der Gesellschaft, insbesondere dessen Vermietung sowie die Erbringung von Dienstleistungen für die Mieter und der Handel von Waren des täglichen Mieterbedarfs besteht. Persönlich haftender Gesellschafter ist die A Verwaltungsgesellschaft mbH ohne Kapitaleinlage, Kommanditisten sind die Eheleute B.Z und C.Z mit einer im Handelsregister eingetragenen Hafteinlage von je vier Millionen DM. In dem am 20.4.1994 beim ursprünglich zuständigen Finanzamt E abgegebenen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung von Personengesellschaften sind die Eheleute Z als Empfangsbevollmächtigte der Gesellschaft angegeben.
Die Steuererklärung der Klägerin für 1993 ging am 7.3.1995, die Steuererklärung 1994 am 1.12.1995 bei der beklagten Behörde (dem Finanzamt) ein. Die von dieser erlassenen, gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheide für 1993 vom 3.11.1995 und 1994 vom 12.2.1996 stellten erklärungsgemäß ausgleichsfähige Verluste der Klägerin in Höhe von insgesamt 6.150.676 DM (1993) bzw. 2.801.858 DM (1994) fest. Mit Bescheid vom 29.12.1999 änderte das Finanzamt die Feststellungsbescheide 1993 und 1994 nach § 164 Abs. 2 AO dahingehend ab, dass es die zuvor als sofort abziehbar ausgewiesenen Verluste unter Anwendung des § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in verrechenbare Verluste umqualifizierte. Die Gründe für die Änderung werden in der Anlage zum Änderungsbescheid, der mit dem Hinweis versehen ist, dass der Vorbehalt der Nachprüfung für 1993 und 1994 bestehen bleibe, ausführlich erläutert. U. a. wird darin ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG nicht vorlägen, da der Erlös aus der Veräußerung des in den neuen Bundesländern befindlichen Grundbesitzes der Klägerin zweifelsohne ausreiche, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu tilgen. Zwar lägen die Buchwerte des Grundbesitzes laut Bilanz unter den Wertansätzen der Verbindlichkeiten.
Allerdings sei zu berücksichtigen, dass in dem Grundbesitz erhebliche stille Reserven schlummerten. Unter diesen Umständen sei nicht mit der Inanspruchnahme eines Kommanditisten für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu rechnen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vorgenannten Änderungsbescheid und die diesem beigefügte Anlage Bezug genommen. Der an A.Z als Empfangsbevollmächtigten der Klägerin gerichtete geänderte Feststellungsbescheid wurde dem Adressaten mit Postzustellungsurkunde (PZU) zugestellt. Die PZU enthält in dem mit „1.1 Geschäftsnummer” überschriebenen Feld die um die Kenn-Nummer des Finanzamts und das Stellenzeichen des zuständigen Bezirks ergänzte Steuernummer der Klägerin und in dem unmittelbar daneben gelegenen Feld „1.2 Ggf. weitere Kennz.” die Angabe „geänderter Feststellungsbescheid für 1993 und 1994”. Ausweislich des auf der PZU angebrachten Vermerks des Postbediensteten erfolgte die Zustellung - nachdem in der Wohnung des Adressaten niemand angetroffen wurde - in der Weise, dass am 30.12.1999 die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung in den Hausbriefkasten des Adressaten eingelegt und die Sendung beim Postamt in Y niedergelegt wurde. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgenannte PZU Bezug genommen. Im Rahmen eines Amtshilfeersuchens bestätigte die Deutsche Post, Niederlassung Briefpost Y, dem Finanzamt die Niederlegung des Schriftstücks durch die Zustellerin Frau X und teilte ergänzend mit, dass laut dem Nachweis der niedergelegten Schriftstücke die Sendung am 5.1.2000 von der Ehefrau des Herrn Z abgeholt worden sei.
Mit Schreiben vom 20.3.2000, beim Finanzamt eingegangen am 21.3.2000, legten die steuerlichen Berater der Klägerin Einspruch gegen die geänderten Feststellungsbescheide 1993 und 1994 vom 29.12.1999 ein und beantragten, diese ersatzlos aufzuheben und von der Vollziehung auszusetzen. Zur Begründung machten sie geltend, dass die Klägerin bis heute weder die betreffenden Bescheide noch eine Mitteilung des Postboten über die H...