Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kettenschenkung bei vorgegebener Weitergabeverpflichtung
Leitsatz (redaktionell)
Ergibt sich aus dem Abschluss zweier aufeinander abgestimmter Schenkungsverträge sowie den sonstigen Umständen, dass die zunächst beschenkte Person das Erhaltene nach dem vom Willen aller Beteiligten getragenen Gesamtplan als bloße Durchgangs- oder Mittelsperson ohne eigene Entscheidungsmöglichkeit in vollem Umfang an einen Dritten weiterzugeben hat, liegt schenkungssteuerrechtlich keine Kettenschenkung, sondern nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden unmittelbar an den Dritten vor (Anschluss an BFH-Urteil vom 13.10.1993 II R 92/91, BStBl. II 1994, 128).
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1
Streitjahr(e)
1999
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Grundvermögen aufgrund eines schenkungsteuerrechtlich beachtlichen Durchgangserwerbs (sog. Kettenschenkung) schenkweise von ihrer Mutter zugewandt worden ist oder ob – wie der Beklagte meint – nur eine Zuwendung aus dem Vermögen der Großmutter vorliegt.
Mit notariellem Vertrag vom 15.01.1999, UR Nr. xx/1999 des Notars … in … , hat die Großmutter der Klägerin verschiedene Grundstücke in der Gemarkung … (Acker- und Grünland sowie Hof- und Gebäudefläche … ) mit Wirkung vom 01.01.1999 (Übergabe) unter Vorbehalt eines lebenslänglichen unentgeltlichen dinglichen Wohnrechts an den von ihr bereits bisher bewohnten Räumen im 1. Obergeschoss des Hauses … auf die Mutter der Klägerin übertragen. Der Wert des übertragenen Grundbesitzes ist in dem Vertrag mit XXX.XXX DM angegeben. In dem Vertrag wurde die Auflassung erklärt und die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bewilligt und beantragt.
Mit einem weiteren notariellen Vertrag vom selben Tag, UR Nr. yy/1999 des Notars … , zwischen der Klägerin sowie deren Mutter, Großmutter und Onkel (Bruder der Mutter) hat die Mutter ihrerseits – ebenfalls mit Wirkung vom 01.01.1999 – den Grundbesitz auf die Klägerin, die bereits die übrigen Räume im Haus … bewohnt hatte, übertragen. Die Klägerin hat das vorbehaltene Wohnrecht der Großmutter übernommen und sich „im Gegenzug” zur Zahlung eines Betrages von jeweils XX.XXX DM an ihre Mutter und an ihren Onkel verpflichtet. Diese haben sich ihrerseits jeweils als mit der Zahlung dieses Betrages hinsichtlich ihrer Erb-, Erbersatz-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Tod der Großmutter für vorbehaltlos abgefunden erklärt und auf ihnen ggf. weiterhin zustehende Erbrechte jeder Art verzichtet. Die Großmutter hat die so erklärten Verzichte „ausdrücklich angenommen”. Weiter hat die Klägerin „im Gegenzug” ihre Mutter und ihren Onkel von sämtlichen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Großmutter freigestellt und sämtliche hiermit verbundenen Verpflichtungen allein übernommen. In dem Vertrag wurde wiederum die Auflassung erklärt und die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bewilligt und beantragt. Die Klägerin ist – ohne Voreintragung ihrer Mutter – als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden.
Aufgrund der vertraglichen Gestaltung ging der Beklagte davon aus, dass es sich bei der Übertragung des Grundbesitzes auf die Mutter um einen schenkungsteuerrechtlich unbeachtlichen Zwischenerwerb durch eine Durchgangs- oder Mittelsperson gehandelt und nur zwischen der Großmutter und der Klägerin eine Vermögensverschiebung stattgefunden habe, so dass der Besteuerung des Erwerbs der Klägerin hinsichtlich des Freibetrags das Verhältnis zu ihrer Großmutter zugrunde gelegt werden müsse. Auf dieser Grundlage setzte der Beklagte mit Bescheid vom 11.04.2003 gegen die Klägerin nach den für eine gemischte Schenkung maßgeblichen Grundsätzen unter Berücksichtigung eines Ablösungsbetrags für das vorbehaltene Wohnrecht (§ 25 Abs. 1 Satz 3 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz – ErbStG –) von 963 DM Schenkungsteuer in Höhe von 2.447 DM (1.251,13 €) fest.
Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, dass keine schenkungsteuerrechtlich unbeachtliche Kettenschenkung vorliege, da die Mutter den Schenkungsgegenstand an die Klägerin in gewandelter Form, nämlich unter dem Vorbehalt von Herauszahlungsbeträgen, weitergereicht habe. Der Vertrag UR Nr. xx enthalte keinerlei Verpflichtung der Mutter, den Vertragsgegenstand an die Klägerin weiter zu übertragen. Eine rechtliche Bindung der Mutter sei nicht begründet worden. Es sei die freie Entscheidung der Mutter gewesen, den erhaltenen Grundbesitz – im Austausch mit anderen Leistungen – an die eigene Tochter, die Klägerin, weiterzugeben. In dem Vertrag UR Nr. yy seien Vereinbarungen (Herauszahlungen, Erbverzichte, Übernahme der „im Wohnrecht liegenden Verbindlichkeiten”) getroffen worden, welche gänzlich anderen Überlegungen entsprungen seien als lediglich gewährleistet zu wissen, dass der Vertragsgegenstand in das Vermögen der Klägerin übergehe.
Der Einspruch ist erfolglos geblieben. Im Einspruchsverfahren und in der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2003 führte der Beklagte aus, dass es an e...