Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuer
Tenor
Der Schenkungsteuerbescheid vom 26.01.1994 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.06.1994 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf … – DM festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Schenkungsteuerbescheid noch rechtzeitig vor Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen ist.
Mit notariellem Vertrag vom 4.09.1989 des Notars W. UR Nr. … wurde dem Kläger von seinem Vater ein Geschäftsanteil an der X.-GmbH in Höhe von nominal …,– DM übertragen.
Unter dem 28.09.1989 sandte der beurkundende Notar beglaubigte Kopien des Vertrages an die Finanzämter für Kapital- und Börsenumsatzsteuer und für Erbschaftsteuer zur Kenntnisnahme. Der Beklagte bestätigte am 06.10.1989 den Eingang unter SteuerNr./Geschäftszeichen ….
Am 29.12.1993 erhielt die Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des beklagten Finanzamts … von der Großbetriebsprüfungsstelle dieses Amtes einen Aktenvermerk über die Schenkung vom 04.09.1989. Daraufhin wurde noch am selben Tag ein manueller Schenkungsteuerbescheid über … – DM erlassen, der an die in der Schenkungsurkunde genannte Anschrift des Klägers adressiert war. Da der Kläger zwischenzeitlich seinen Wohnsitz gewechselt hatte, wurde der Steuerbescheid nicht zugestellt.
Nach einer Einwohnermeldeamtsanfrage vom 04.01.1994 wurde am 26.01.1994 ein neu ausgefertigter, maschinengeschriebener Bescheid nunmehr an die richtige Adresse zugestellt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, daß die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bereits abgelaufen sei. Hilfsweise müsse der gemeine Wert der Anteile niedriger festgesetzt werden, so daß die Schenkungsteuer nur …,– DM betrage.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 28.06.1994 setzte der Beklagte die Steuer auf … – DM herab und wies, den Einspruch im übrigen zurück, da die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Satz 3 AO durch Absendung des Bescheides am 29.12.1993 gewahrt sei.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger fristgerecht Klage. Er macht weiterhin geltend, die Festsetzungsfrist für die im Jahr 1989 erfolgte Schenkung sei bei Erlaß des Steuerbescheides bereits abgelaufen gewesen. Mit der Anzeige durch den Notar sei die Frist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31.12.1989 in Gang gesetzt worden und sei vor Erlaß eines wirksamen Bescheides am 31.12.1993 beendet gewesen. Der am 29.12.1993 abgesandte Bescheid habe nicht dazu geführt, daß nach § 169 Abs. 1 Satz 3 AO die Festsetzungsfrist als gewahrt anzusehen sei. Aufgrund der unzutreffenden Adressierung habe der Bescheid nicht wirksam werden können.
Wegen Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 23.09.1994 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Schenkungsteuerbescheid vom 26.01.1994 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.06.1994 aufzuheben,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für erforderlich zu erklären,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Festsetzungsfrist durch Absendung des Bescheides vom 29.12.1993 für gewahrt. Nach seiner Auffassung genüge es zur Fristwahrung nach § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO, daß der Bescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der zuständigen Behörde verlassen habe. Es reiche aus, wenn die Behörde nach dem Inhalt der Akten alles getan habe, damit der Bescheid wirksam werden könne. Die Ende 1993 nicht mehr zutreffende Adressierung sei daher unschädlich.
…
Dem Senat hat die Schenkungsteuerakte vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Schenkungsteuerbescheid war aufzuheben, da bei Erlaß am 26.01.1994 Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Durch die Übersendung einer Kopie der Schenkungsurkunde vom 04.09.1989 an das für die Schenkungsteuer zuständige Finanzamt wurde die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO am 01.01.1990 in Gang gesetzt und endete nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31.12.1993.
Zwar ist die Verjährungsfrist nicht durch eine Anzeige des Klägers als dem Empfänger der Schenkung in Lauf gesetzt worden. Diese grundsätzliche Verpflichtung nach § 30 Abs. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) war aber gemäß § 30 Abs. 3 ErbStG entbehrlich. Da es sich um eine notariell beurkundete Schenkung handelte und den Notar nach § 34 ErbStG eine eigene Anzeigepflicht traf, die er mit Schreiben vom 28.09.1989 erfüllt hat, hatte das Finanzamt bereits im Jahre 1989 Kenntnis von der Schenkung erlangt. Ist das Finanzamt aus anderen Quellen über den der Schenkungsteuer unterliegenden...