Rechtsbeschwerde zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsatz von Fremdpersonal. Abgrenzung Arbeitnehmerüberlassung von Dienst- oder Werkvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Beim Einsatz von sog … Fremdpersonal einer Drittfirma kommt es, was die Beteiligungsrechte nach §§ 99 f BetrVG des Betriebsrates des Einsatzbetriebes angeht, auf die Abgrenzung von (beteiligungspflichtiger, auch bei unzulässiger) Arbeitnehmerüberlassung einerseits und Dienst- oder Werkvertrag andererseits als Grundlage für den (letzterenfalls beteiligungsfreien) Einsatz von Fremdpersonal an. Dabei ist zu beachten, daß häufig Arbeitnehmerüberlassung durch Verwendung der Vertragstypen Dienst- oder Werkvertrag verdeckt werden soll und dementsprechende formale Ausgestaltungen des je gewählten Vertragstypes erfolgen.
2. Um das Phänomen des Fremdpersonaleinsatzes im Hinblick auf Sicherung der betriebsverfassungsrechtlichen Positionen des Betriebsrates des Einsatzbetriebes und seiner Beteiligungsrechte vor (objektiver) Umgebung oder Aushebelung in den Griff zu bekommen, ist für die Abgrenzung von („echtem”) Dienst- oder Werkvertrag von (verdeckter) Arbeitnehmerüberlassung eine wertende Gesamtbetrachtung unter Gewichtung der für die rechtliche Einordnung wesentlichen Umstände erforderlich.
Bei vereinbarter Bindung der Drittfirma im Rahmen des mit ihr geschlossenen „Dienst- oder Werkvertrages” an genaue Vorgaben hinsichtlich der Arbeitsausführung in wesentlichen Einzelheiten ist es für die fragliche Abgrenzung von erheblicher Bedeutung, ob die Vergabe eines Abschnittes des betrieblichen Arbeitsprozesses (insbesondere wenn der Kern des arbeitstechnischen Betriebszweckes betroffen ist) zur Erledigung durch Fremdpersonal üblich oder sinnvoll ist und insbesondere auch, ob die Drittfirma - außer, daß sie Arbeitskraft zur Verfügung stellt - etwas Eigenes (wie etwa besondere Sachkunde) ein- und mitbringt. Daß die Ausgestaltung des je gewählten Vertragstypes mit diesem (noch) vereinbar ist, besagt für einen /„echten”) Dienst- oder Werkvertrag ebensowenig wie das Vorliegen von solchen Umständen, wie sie regelmäßig auch bei (zulässiger) Arbeitnehmerüberlassung anzutreffen sind.
Normenkette
BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 29.01.1991; Aktenzeichen 4 BV 24/90) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin (Arbeitgeber) gegen den Beschluß vom 29.01.1991 – 4 BV 24/90 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß sich die Feststellung der Verpflichtung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Grundlage der Tätigkeit von Reinigungspersonal: der Firma pp. nunmehr auf den Dienstvertrag vom 21.05.1991 bezieht.
Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht gegen diesen Beschluß wird für die Antragsgegnerin zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten auch zweitinstanzlich im Rahmen des vom antragstellenden Betriebsrats gestellten Feststellungsantrags um das Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG (Paragraphen ohne Gesetzesbezeichnung sind im folgenden immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972) bezüglich des – nunmehr aufgrund eines geänderten Dienstvertrages/Dienstvertragsänderung vom 21.05.1991 mit einer Drittfirma (hier: Firma …, Unternehmensberatung) erfolgenden – Einsatzes des von der Drittfirma gestellten Personals (Fremdpersonal) im Betrieb des Arbeitgebers (Antragsgegnerin), das dort mit der entsprechend einer vom Arbeitgeber verfaßten „Anweisung für das Spülküchenpersonal im Bereich Produktion” mit der Reinigung von Behältnissen und Maschinenteilen befaßt wird.
Wegen des zugrundeliegenden Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Der Betriebsrat (Antragsteller) hat beantragt,
festzustellen, daß die Antragsgegnerin verpflichtet ist, das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG durchzuführen, wenn sie Reinigungspersonal der Firma … auf Grundlage des Dienstvertrages vom 21.06.1990 in der Spülküche tätig werden lassen will.
Der Arbeitgeber (Antragsgegnerin) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 29.01.1991 dem Feststellungsantrag des Betriebsrats stattgegeben. Gegen diesen dem Arbeitgeber am 02.04.1991 zugestellten Beschluß, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, wendet sich der Arbeitgeber mit seiner am Landesarbeitsgericht am 02.05.1991 eingegangenen und dort am 28.05.1991 begründeten Beschwerde, mit der er seinen Antrag auf Zurückweisung des Feststellungsantrages des Betriebsrats weiterverfolgt.
Der Arbeitgeber bringt vor, das Fremdpersonal der Drittfirma führe aufgrund Dienstvertrages zwischen ihm, dem Arbeitgeber, und der Drittfirma abgesonderte Arbeiten aus, bei denen sie nicht seinen, des Arbeitgebers, Weisungen unterliege und auch nicht mit ihren Arbeitnehmern zusammenarbeite. Das Fremdpersonal sei nicht in seine gesamte Arbeitsorganisation eingegliedert. Es entscheide die Drittfirma alleine, welche ihrer Arbeitnehmer zu welchen Zeiten die vereinbarten Leistungen ...