Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme an einer Betriebsratssitzung. Abwägung bei gleichzeitig erforderlicher dringender beruflicher Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Selbst wenn ein Betriebsratsmitglied zu einer Betriebsratssitzung geladen ist, entbindet ihn dies nicht von der Abwägung, ob seine Teilnahme an der Betriebsratssitzung so wichtig ist, dass sie auch die Nichtleistung der dringenden beruflichen Tätigkeit erforderlich macht.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.09.2012; Aktenzeichen 7 BV 403/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. September 2012 - 7 BV 403/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch.
Die Beteiligte zu 2 (Arbeitgeber) betreibt bundesweit an mehreren Flughäfen, u.a. am Flughafen F, verschiedene gastronomische Einrichtungen und beschäftigt insgesamt etwa 130 Arbeitnehmer.
Beteiligter zu 1 ist der für den Betrieb "F Airport" gebildete Betriebsrat.
Die reguläre wöchentliche Betriebsratssitzung findet jeweils dienstags statt. In der Zeit von Januar bis Mai 2012 hielt der Betriebsrat insgesamt 41 Sondersitzungen neben den regelmäßigen Betriebsratssitzungen ab. Nachdem im Februar 2012 bereits am 1., 2., 3., 6., 8., 9., 10., 13., und 15. (Sonder-) Sitzungen des Betriebsrats abgehalten wurden, erteilte der Arbeitgeber zwei Betriebsratsmitgliedern wegen der Teilnahme an einer weiteren Betriebsratssitzung am 16. Februar 2012 eine Abmahnung. Auf der Betriebsratssitzung vom 16. Februar 2012 sollten insgesamt 6 personelle Maßnahmen des Arbeitgebers nach §§ 99, 100 BetrVG beraten werden.
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein allgemeiner Unterlassungsanspruch gemäß § 78 BetrVG wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit zu.
Der Betriebsrat hat beantragt,
1. der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, Betriebsratsmitglieder wegen der Teilnahme an Betriebsratssitzungen arbeitsvertraglich abzumahnen, wenn die Antragsgegnerin der Auffassung ist, es handele sich um die Teilnahme an einer nicht notwendigen Betriebsratssitzung,
2. der Antragsgegnerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen ihre Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1 der Anträge ein Ordnungsgeld bis zur gesetzlichen Höhe von 10.000 € anzudrohen.
Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I der Gründe (Bl. 55-57 der Akten) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Er sei bereits unzulässig, da nicht hinreichend bestimmt. Jedenfalls sei der Globalantrag unbegründet. Es sei nicht gänzlich ausgeschlossen, dass sich der Arbeitgeber im Einzelfall zu Recht auf die Nichtbeachtung der betrieblichen Notwendigkeiten nach § 30 S. 2 BetrVG berufen könne. Danach habe der Betriebsrat bei der Ansetzung von Betriebsratssitzungen auf die betrieblichen Notwendigkeiten Rücksicht zu nehmen. Es müsse dem Arbeitgeber dann auch im Einzelfall möglich sein, Betriebsratsmitglieder abzumahnen.
Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 19. September 2012 zugestellt. Er hat dagegen mit einem am 27. September 2012 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 27. Dezember 2012 am 20. Dezember 2012 begründet.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, der Antrag sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts zulässig. Der Arbeitgeberin solle untersagt werden, die Erteilung von Abmahnungen von Betriebsratsmitgliedern wegen der Teilnahme an einer Betriebsratssitzung zu wiederholen. Der Antrag sei auch nicht deshalb unbestimmt, weil nicht zu erkennen sei, ob auch Ersatz- Betriebsratsmitglieder vom Antrag erfasst sind. Dies sei nach dem Antragstext eindeutig nicht der Fall. Der zweite Halbsatz des Antrags ("wenn die Antragsgegnerin der Auffassung ist, es handele sich um die Teilnahme an einer nicht notwendigen Betriebsratssitzung") beinhalte, dass dem Arbeitgeber untersagt werden soll, zukünftig mit dieser Begründung Betriebsratsmitglieder wegen der Teilnahme am Betriebsratssitzungen abzumahnen. Dieser Antrag sei hinreichend bestimmt. Er sei auch nicht als Globalantrag unbegründet. Die Begründung des Arbeitsgerichts sei nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen es dem Arbeitgeber im Einzelfall möglich sein müsse, Betriebsratsmitglieder nachträglich für die Teilnahme am Betriebsratssitzungen abzumahnen. Das Gegenteil ergebe sich vielmehr daraus, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit offen stehe, im Eilverfahren die Durchführung der von ihm als nicht notwendig erachteten Betriebsratssitzung zu verhindern. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass Betriebsratssitzungen gemäß § 29 Abs. 2 S. 1 BetrVG vom Vorsitzenden des Betriebsrats einberufen werden und für die Mitglieder Teilnahmepflicht besteh...