Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweilige Verfügung. Mitbestimmung. Unterlassungsverfügung. Verfügungsgrund
Leitsatz (redaktionell)
Der Durchsetzung des Anspruchs des Betriebsrats auf Einhaltung seiner Mitbestimmungsrechte erforderlichenfalls auch im Wege der einstweiligen Verfügung, kann nicht entgegengehalten werden, dass eine mitbestimmungswidrige Maßnahme des Arbeitgebers dem einzelnen Arbeitnehmer gegenüber unverbindlich ist.
Normenkette
ArbGG 85 II; ZPO 935; ZPO § 940; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 17.04.2007; Aktenzeichen 3 BVGa 12/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Bet. zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 17. April 2007 – 3 BVGa 12/07 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte zu 1. (Betriebsrat) macht im einstweiligen Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren die Unterlassung betriebsverfassungswidrigen Verhaltens durch die Beteiligte zu 2. (Arbeitgeberin) geltend.
Zwischen den Beteiligten gilt eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit, Pausen sowie Mehrarbeit für alle Beschäftigten vom 05.10.2006 (BV). § 4 BV sieht eine bestimmte Verfahrensweise für die Ausübung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Erstellung der wöchentlichen Arbeitszeit- und Pausenpläne vor. § 4.3 lautet:
„Nachträgliche Änderungen der AZPs werden dem Betriebsrat mitgeteilt und bedürfen seiner Zustimmung.”
Nach mehreren Verstößen der Arbeitgeberin gegen letztgenannte Regelung machte der Betriebsrat im Februar 2007 ein einstweiliges Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren auf Unterlassung anhängig, das er nach Erörterung der Vorfälle im Anhörungstermin zurücknahm.
Nach im Wesentlichen unstreitigen weiteren zahlreichen entsprechenden Verletzungen von § 4.3 BV durch die Arbeitgeberin hat das Arbeitsgericht Darmstadt mit am 17.04.2007 verkündetem Beschluss – 3 BVGa 12/07 – auf entsprechenden Antrag des Betriebsrats der Arbeitgeberin aufgegeben, es bis zum 31.10.2008 zu unterlassen, Arbeitszeiten und Einsatztage in den vom Betriebsrat genehmigten Arbeits- und Pausenplänen ohne seine Zustimmung abzuändern. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Betriebsrat nach den unstreitigen Verstößen der Arbeitgeberin gegen die BV in der Vergangenheit für die Zukunft – jedenfalls befristet – Unterlassung verlangen könne. Der erforderliche Verfügungsgrund sei gegeben, da angesichts der bisherigen Verhaltensweise der Arbeitgeberin die Gefahr der Vereitelung der Rechte des Betriebsrats bestehe. Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten im ersten Rechtszug, der dort gestellten Anträge sowie der gesamten Gründe wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Bezug genommen (Bl. 41 – 49 d. A.).
Gegen diesen der Arbeitgeberin am 27.04.2007 zugestellten Beschluss hat sie am 04.05.2007 Beschwerde eingelegt und dieses Rechtsmittel nach rechtzeitiger Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 27.07.2007 am 26.07.2007 begründet. Zum Verfügungsgrund ist sie der Auffassung, dass „bei einstweiligen Verfügungen zur Sicherung von Beteiligungsrechten des Betriebsrats” zwar regelmäßig die Gefahr bestehe, dass deren Wahrnehmung ohne Unterlassungsverfügung vereitelt werde, insbesondere bei kurzfristigen oder zeitlich begrenzten Maßnahmen. Dies rechtfertige jedoch noch keine Unterlassungsverfügung, da die zu sichernden Beteiligungsrechte des Betriebsrats kein subjektives absolutes Recht seien. Sie seien vielmehr Berechtigungen, zum Schutz der Arbeitnehmer mitgestaltend tätig zu werden. Unter Bezugnahme auf Matthes (in Germelmann u. a., ArbGG, 5. Aufl., § 85 Rn 37) und die Entscheidungen verschiedener Arbeitsgerichte, die dieser Auffassung folgen, vertritt sie die Ansicht, es komme daher darauf an, ob für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung der damit bezweckte notwendige Schutz der Arbeitnehmer unwiederbringlich vereitelt werde. Da die Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG Wirksamkeitsvoraussetzung sei, sei die einseitige Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Pausen für die Arbeitnehmer unbeachtlich, sodass sie „umfassend geschützt” seien. Ein Verfügungsgrund für die begehrte einstweilige Verfügung bestehe daher nicht.
Sie beantragt,
- der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 17.04.2007 – Az.: 3 BVGa 12/07 – wird abgeändert; 2. die Anträge werden zurückgewiesen.
- Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint, es sei rechtlich nicht geboten, das Problem auf die Beschäftigten und individuelle Abwehrmaßnahmen zu verlagern. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG beinhalte auch bezüglich der Rechte der Betriebsräte das Gebot, effektiven Rechtsschutz durch die Gerichte zu gewährleisten.
Wegen des vollständigen Vortrags der Beteiligten im Beschwerderechtszug wird ergänzend auf die Beschwerdebegründung (Bl. 91 – 93 d. A.) sowie auf die Beschwerdebeantwortung (Bl. 140 f. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.
Mit zutreffender Begrün...