Leitsatz (amtlich)
Die beantragte Untersagung einer Betriebsratswahl ist – ebenso wie ein Verfahren zur Anfechtung einer Betriebsratswahl – eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit, die gemäß § 8 Abs. 2 BRAGO zu bewerten ist.
Im Interesse einer einfachen, aber der Bedeutung des Betriebsrats im Betrieb angemessenen Bewertung ist der Wert abhängig von der Größe des Betriebs. Für jede Staffel des § 9 BetrVG ist Jeweils der eineinhalbfache Anknüpfungswert des § 8 Abs. 2 BRAGO anzusetzen.
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.05.1998; Aktenzeichen 17 BVGa 21/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen denWertfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Mai 1998 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Im Ausgangsverfahren hat die Beteiligte zu 1), die Arbeitgeberin, im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt, dem Antragsgegner, nämlich dem Wahlvorstand zur Betriebsratswahl 1998, Standort Praunheim, zu untersagen, die derzeitige Betriebsratswahl im Betrieb der Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines umgehend einzuleitenden Verfahrens nach § 18 Abs. 2 BetrVG fortzusetzen.
Ausgangspunkt des Streits war die richtige betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung von 197 Arbeitnehmern. Bei deren Einbeziehung ergab sich eine Gesamtzahl von 637 Arbeitnehmern, also ein zu wählender Betriebsrat von 11 Mitgliedern, andernfalls wären für 440 Arbeitnehmer nur 9 Mitglieder zu wählen.
Durch Beschluß vom 15. Mai 1998 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf DM 24.000,00 (i. W. Vierundzwanzigtausend) festgesetzt, da dies der Bedeutung des Beschlussverfahrens für den Betrieb entspreche.
Dieser Beschluß ist der Arbeitgeberin am 27. Mai 1998 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 28. Mai 1998 Beschwerde eingelegt. Sie hält allenfalls einen Gegenstandswert von DM 10.700,00 für richtig, da der Rechtsstreit vergleichbar sei mit der Anfechtung einer Betriebsratswahl, wobei in vergangenen Beschlüssen für 3 bis 4 zu wählende Betriebsräte ein Regelwert festgesetzt worden sei. Da der Wahl vorstand aus 5 Mitgliedern bestanden habe, seien zwei Regelwerte zugrundezulegen, von denen wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Verfügung ein Drittel abzuziehen sei.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil das Arbeitsgericht den Gegenstandswert des zugrundeliegenden Beschlußverfahrens mit DM 24.000,00 (i. W. Vierundzwanzigtausen) nicht zu hoch angesetzt hat.
Da das gegen die Durchführung einer Betriebsratswahl gerichtete Verfahren weder auf einer vermögensrechtlichen Beziehung beruht, noch auf Geld oder Geldeswert ausgerichtet ist, handelt es sich um eine Streitigkeit nicht vermögensrechtlicher Art, die gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO zu bewerten ist. Danach ist der Gegenstandswert auf DM 8.000,00 jedoch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten sowie des Umfangs und der Schwierigkeit und dem daraus resultierenden Arbeitsaufwand der Rechtsanwälte nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 1.000.000,00 DM anzunehmen. Dabei sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um einen Weg zu finden, der für den Rechtsanwalt angemessene und für den Auftraggeber tragbare Gebühren ergibt (Riedel-Süßbauer, BRAGO, § 8 Rz. 50).
Die Arbeitgeberin hält ein Verfahren der Anfechtung einer Betriebsratswahl von der Bedeutung für die Beteiligten her mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbar. So hat auch die Beschwerdekammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts in ihrem Beschluß vom 20. März 1998 (6 Ta 517/97) argumentiert. An dieser Ansicht wird festgehalten. Es kommt jedoch noch hinzu, daß die Bedeutung eines Untersagungsverfahrens für die Beteiligten sogar noch über derjenigen eines Wahlanfechtungsverfahrens liegen dürfte, da im Hinblick auf § 21 BetrVG die Gefahr besteht, daß gar kein Betriebsrat mehr die Interessen der Arbeitnehmer vertritt. Im Beschluß 6 Ta 517/97 hat die Beschwerdekammer im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit sowie einer einheitlichen Bewertungspraxis eine Bewertungsempfehlung dahin abgegeben, je zu wählendem Betriebsratsmitglied einmal den Hilfswert aus § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO in Ansatz zu bringen. Die Rechtssprechung der übrigen Landesarbeitsgerichte zu dieser Frage ist unterschiedlich. Das LAG Berlin (Beschl. v. 17.12.1991, 1 Ta 50/91, NZA 93, 327) und das LAG Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 30.03.1992, 9 Ta 40/92, NZA 92, 667) wollen als Ausgangswert für die Wahl eines Betriebsobmanns das 1 1/2fache des „Regelwertes” des § 8 Abs. 2 Satz 2 BetrVG und für jedes weitere Betriebsratsmitglieds zusätzlich 1/4 dieses Regelwertes ansetzen. Das Landesarbeitsgericht Brandenburg (Beschl. v. 21.09.1995, 2 Ta 155/95. NZA 96, 112) geht davon aus, daß bis zur fünften Staffel des § 9 BetrVG für jedes Betriebsratsmitglied der volle „Regelwert” anzusetzen sei....