Entscheidungsstichwort (Thema)
Veröffentlichungen des Betriebsrates im Intranet. Keine Vorzensur durch den Arbeitgeber
Orientierungssatz
1. Ein Betriebsrat hat keinen Anspruch auf einen selbst verwalteten Zugang zum Intranet. Der Betriebsrat kann gemäß § 40 Abs 2 BetrVG jedoch beanspruchen, dass im Rahmen seines Aufgabengebietes liegende Veröffentlichungen vom Arbeitgeber in das betriebsinterne Intranet gestellt werden. Das umfasst auch eine Veröffentlichung im „Newsticker” des Intranets.
2. Der Arbeitgeber kann Veröffentlichungen des Betriebsrats, die keinen strafbaren Inhalt haben und die auch keine grobe Störung des Betriebsfriedens enthalten, nicht verweigern. Er ist zur Vorzensur nicht berechtigt.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Beschluss vom 28.08.2008; Aktenzeichen 2 BV 1/08) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hanau vom 28. August 2008 – 2 BV 1/08 – teilweise abgeändert:
Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, Mitteilungen des Beteiligten zu 1), die sich auf seinen Aufgabenbereich und seine Zuständigkeit als Betriebsrat beziehen, im betrieblichen Intranet (Betriebsratsseite und Newsticker) innerhalb einer Frist von drei Tagen nach Zugang der Mitteilung zu veröffentlichen.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die darüber hinausgehenden Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligte nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Betriebsrat begehrt den Zugang zum betrieblichen Intranet der Arbeitgeberin.
Im Betrieb der Arbeitgeberin, in dem Spezialwerkstoffe hergestellt werden, sind mehr als 700 Arbeitnehmer/innen beschäftigt, darunter etwa 200 Mitarbeiter im Außendienst. Die meisten Beschäftigten arbeiten an PC-Arbeitsplätzen. Der Betriebsrat verfügt im betrieblichen Intranet über eine eigene Homepage, die über den Link „Abteilungen” angeklickt werden kann. Unter der Großüberschrift „Aktuelle Unternehmensinformationen” finden sich Nachrichten mit ein- bis zweizeiligen Inhaltsangaben zeitlich geordnet, die per Mausklick aufgerufen werden können (sog. Newsticker). Zu Betriebsversammlungen lädt der Betriebsrat per E-Mail ein. Die Arbeitgeberin stellte in der Vergangenheit die Veröffentlichungen des Betriebsrats in das Intranet ein. Zwei Reden des Betriebsratsvorsitzenden, die dieser am 13. Juni und 12. Sept. 2007 auf Betriebsversammlungen gehalten hat, beanstandete sie jedoch inhaltlich mit der Begründung, diese enthielten zum Teil allgemeine politische Aussagen, würdigten die Geschäftsführung herab und kommentierten die betriebliche Personalpolitik falsch.
Der Betriebsrat ist der Meinung gewesen, die Arbeitgeberin sei nicht berechtigt, eine Vorzensur auszuüben und darüber zu entscheiden, welche der Mitteilungen des Betriebsrats veröffentlicht würden. Sein Recht auf einen selbst zu verwaltenden Zugang zum Intranet schließe die Befugnis ein, Stichworte in dem sog. Newsticker anzugeben, deren Anklicken ohne weitere Umwege zum Aufrufen der vom Leser gewünschten Informationen führe. Diese Stichworte nähmen wenig Platz ein und beeinträchtigten die Nutzung der Arbeitgeberin nicht.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm einen von ihm selbst zu verwaltenden Zugang zum betrieblichen Intranet (Betriebsratsseite und Newsticker) zu verschaffen;
hilfsweise,
der Arbeitgeberin aufzugeben, Mitteilungen des Betriebsrats, die sich auf seinen Aufgabenbereich und seine Zuständigkeit als Betriebsrat beziehen, im betrieblichen Intranet innerhalb einer Frist von drei Tagen nach Zugang der Mitteilung zu veröffentlichen;
hilfsweise,
- der Arbeitgeberin aufzugeben, den jeweiligen Bericht des Betriebsrats, der mündlich auf den Betriebsversammlungen gehalten wird, innerhalb einer Frist von drei Tagen nach Zugang des Berichts im Intranet zu veröffentlichen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Anträge des Betriebsrats seien zu weit gefasst, weil sie betriebsverfassungsrechtlich unzulässige Veröffentlichungen nicht ausschlössen. Dem Betriebsrat stehe kein schrankenloses Recht auf Zugang zum Intranet zu. Es seien Urheberrechte an der Software und § 88 TKG zu beachten und es müsse der Gefahr vorgebeugt werden, dass Viren eindringen und die Netze überlastet würden. Der Betriebsrat sei selbst technisch auch gar nicht in der Lage, Veröffentlichungen in das Intranet zu stellen und müsse sich hierfür wie andere Abteilungen auch an die Marketingabteilung wenden. Lediglich zwei Berichte seien nicht veröffentlicht worden. Der Betriebsrat könne den Zugang zum Intranet auch deshalb nicht beanspruchen, weil dessen Nutzung für ihn nicht erforderlich sei, wenn der Zugang nicht betriebsverfassungskonform genutzt werde. Es liege nicht in ihrem Interesse, das Intranet als Platz von Auseinandersetzungen mit Darstellungen und Gegendarstellungen zu befüllen, die dann während der Arbeitszeit von den Beschäftigten gelesen würden.
Wegen der weiter...