Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung bei angekündigter Erfüllungshandlung des Beklagten. Unterschiedliche Bedeutung von Zeugnisformulierungen. Zwangsvollstreckung zur Erteilung eines Zeugnisses mit im Titel festgelegten Formulierungen
Leitsatz (amtlich)
Der Schuldner ist nicht gehalten, mit der Vollstreckung zuzuwarten, weil der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Erfüllungshandlungen in den Raum stellt. Es ist Sache des Beklagten, eine Erfüllung nicht nur anzukündigen, sondern als Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Vollstreckungstitel auch nachzukommen. Die Abwehr der Zwangsvollstreckung liegt allein beim Beklagten. Erfüllt er seine Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich, entfällt auch die Vollstreckung.
Der Beurteilung „befriedigend“ können ebenso wie der Formulierung „gut“ in einem Zeugnis verschiedene Formulierungen gerecht werden.
Dass ein Vergleich die Verpflichtung zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses „mit einer mindestens befriedigenden Gesamtbewertung der Leistung und des Verhaltens des Klägers“ enthält, hindert seine Vollstreckbarkeit nicht, wenn sich die Parteien - wie hier - im Klammerzusatz zu diesem Passus auf konkrete Formulierungen geeinigt haben. Legen die Parteien hier fest, dass in dem Arbeitszeugnis die Leistung des Klägers mit „stets zu meiner Zufriedenheit“ und sein Verhalten mit „einwandfrei“ bewertet werden, ist der Vergleich vollstreckbar.
Normenkette
ZPO §§ 888, 750 Abs. 1; GewO § 109 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 18.04.2019; Aktenzeichen 3 Ca 368/17) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 18. April 2019 - 3 Ca 368/17 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Gegen den Schuldner wird zur Erzwingung der Verpflichtung aus Ziff. 6 des gerichtlichen Vergleichs vom 21. August 2017 - 3 Ca 368/17 -, nämlich dem Gläubiger unter dem Beendigungsdatum 15. Mai 2017 ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer Leistungsbeurteilung „stets zu meiner Zufriedenheit“ und einer Verhaltensbeurteilung „einwandfrei“ zu erteilen, ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.600,00 (in Worten: Eintausendsechshundert und 0/100 Euro) verhängt.
Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, wird für je € 400,00 (in Worten: Vierhundert und 0/100 Euro) ein Tag Zwangshaft festgesetzt.
Die Vollstreckung entfällt, sobald der Schuldner die Verpflichtung erfüllt hat.
Im Übrigen wird der Zwangsgeldantrag vom 17. Januar 2019 zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Schuldner zu ¾ und dem Gläubiger zu ¼ auferlegt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Schuldner und dem Gläubiger zu jeweils 1/2 auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten nach dem Abschluss eines Vergleichs über die Erteilung und den Inhalt eines Zeugnisses.
Der Schuldner (im Folgenden: Beklagter) und der Gläubiger (im Folgenden: Kläger) haben am 21. August 2017 in dem Rechtsstreit - 3 Ca 368/17 - im Gütetermin auszugsweise den folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:
„…
2. Der Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungsdatum 15. Mai 2017 zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen ordnungsgemäß ab und zahlt die sich ergebende Nettovergütung an den Kläger aus, soweit noch nicht geschehen.
…
6. Der Beklagte erteilt dem Kläger unter dem Beendigungsdatum 15. Mai 2017 ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer mindestens befriedigenden Gesamtbewertung der Leistung und des Verhaltens des Klägers (Leistungsbeurteilung „stets zu meiner Zufriedenheit“, Verhaltensbeurteilung „einwandfrei“) sowie einer Abschiedsformel, mit der dem Kläger Dank für die geleisteten Dienste sowie gute Wünsche für die Zukunft ausgesprochen werden.
…“
Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2019 hat der Kläger die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen den Beklagten beantragt und dies damit begründet, dass er seiner Verpflichtung aus Ziff. 2 und Ziff. 6 des gerichtlichen Vergleichs nicht nachgekommen sei.
Mit Beschluss vom 18. April 2019 (Bl. 52 f. d. A.) hat das Arbeitsgericht gegen den Beklagten wegen der Nichterfüllung seiner Verpflichtung aus Ziff. 6 des Vergleichs ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.600,00, ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je € 400,00 festgesetzt. Im Übrigen hat es den Antrag betreffend Ziff. 2 des Vergleichs zurückgewiesen.
Gegen diesen seinem Prozessbevollmächtigten mit Postzustellungsurkunde am 29. Juni 2019 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit am 15. Juli 2019 (Montag) bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass er das Zeugnis bereits übersandt habe.
Das dem Kläger übersandte Zeugnis, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 69 d. A. verwiesen wird, lautet auszugsweise wie folgt:
„…
Herr A erledigte die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit…
Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit ...