keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstelle. berufliche Fortbildung. Gesundheitsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Maßnahme der Berufsbildung im Sinne von § 98 BetrVG setzt eine Kenntnisvermittlung in systematisch-lehrplanartiger Weise voraus. Die Ausstattung von Arbeitnehmern mit aktuellen Informationen und neuem Arbeitsmaterial genügt dazu nicht.
2. Auch bei einer Einigungsstelle eines Gesamtbetriebsrats beträgt unabhängig von der Anzahl der betroffenen Betriebe die Zahl der Beisitzer regelmäßig zwei pro Arbeitgeber- und Betriebsratsseite.
Normenkette
ArbGG 98; TV PV DLH 77; TV PV DLH 87; TV PV DLH 97; BetrVG §§ 51, 76, 87, 98, 117; JAR-OPS Nr. 1975
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.09.2005; Aktenzeichen 12 BV 939/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. September 2005 – 12 BV 939/05 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert und folgendermaßen neu gefasst:
Der Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht München Dr. A wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Thema „Verhütung von Arbeitsunfällen in Zusammenhang mit Navigationskarten und CBT-Airport-Einweisungen” bestellt.
Die Zahl der Beisitzer wird auf zwei pro Seite festgesetzt.
Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle.
Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin betreibt ein Luftverkehrsunternehmen. Die Antragstellerin ist die auf der Grundlage des Tarifvertrages Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) gebildete Gesamtvertretung der Gruppenvertretungen für das fliegende Personal der Arbeitgeberin. Gemäß Ziff. 1975 a des nach deutschem Luftverkehrsrecht für Luftverkehrsunternehmen verbindlichen internationalen Luftfahrtabkommens JAR-OPS hat ein Luftverkehrsunternehmen u. a. sicherzustellen, dass die Piloten über ausreichende Kenntnisse der anzufliegenden Flugplätze verfügen. In Umsetzung dieser Regelung stellt die Arbeitgeberin ihren Piloten Karten der Zielflughäfen in zwei Formen zur Verfügung. Im Cockpit werden Karten in Papierform vorgehalten. Zudem sind Karten als sog. „CBT-Airport-Einweisungen” im „Workpad” der Piloten, einem mobilen Computer, gespeichert. Die CBT-Einweisungen dienen der Flugvorbereitung durch die Piloten. Die dort enthaltenen Karten sind zum Teil nicht mehr aktuell. Die Arbeitgeberin plant, sie in den nächsten Monaten zu überarbeiten. Beim Öffnen der Programme werden die Piloten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Cockpit aktuelle Karten zur Verfügung stehen und dass diese maßgeblich sind. Daneben sind im Workpad jeweils aktuelle Flughafenbeschreibungen vorhanden.
Die Beteiligten verhandelten seit März 2005 über das Thema Flughafenkarten. Mit Schreiben vom 04. Juli 2005 wies die Gesamtvertretung darauf hin, dass es in der Vergangenheit mehrfach kritische Fehler und Diskrepanzen gegeben und dass am 18. Januar 2005 eine falsche Umrechnungstabelle zu einer falschen Flughöhe geführt habe. Problematisch seien die unterschiedlichen Layoutvorgaben der von verschiedenen Herstellern stammenden CBT-Karten, deren Alter (zum Teil von 1987 und 1990) und der Umstand, dass sie verwirrende falsche Informationen enthielten. Dies könne in Notsituationen schwerwiegende Konsequenzen haben. Die Gesamtvertretung forderte die Arbeitgeberin auf, für vier besonders problematische Flughäfen binnen vier Wochen aktualisierte Einweisungsprogramme bereitzustellen. Andernfalls dürften diese Flughäfen nicht mehr angeflogen werden. Für weitere 31 Flughäfen bestehe ebenfalls dringender Aktualisierungsbedarf. Für diese sei zum Teil überhaupt keine Einweisung vorhanden. Alle übrigen Flughafeneinweisungen müssten bis Jahresende aktualisiert werden. Zudem forderte die Gesamtvertretung die Zustimmung der Arbeitgeberin zur Errichtung einer Einigungsstelle zu diesem Thema unter dem Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht Dr. A mit drei Beisitzern pro Seite. Diese Forderungen wies die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 19. Juli 2005 zurück.
Die Gesamtvertretung hat in erster Instanz ihre Sachdarstellung aus dem Schreiben vom 04. Juli 2005 wiederholt und die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 TV PV zu, da es sich um Maßnahmen der beruflichen Fortbildung des Cockpitpersonals handele. Ziel der Einigungsstelle sei die Vereinfachung und Aktualisierung des Lernstoffs der Piloten.
Die Gesamtvertretung hat beantragt,
- den Vorsitzenden Richter am Arbeitsgericht München, Herrn Dr. A, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Navigationskarten und CBT-Airport-Einweisungen” bei der Antragsgegnerin zu bestellen,
- die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei festzusetzen.
Die Arbeitgeberin hat zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, da es nicht um die berufliche Fortbildung, sondern um die A...