Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenprivilegierung. Gerichtskosten. Teilerledigung. Verfahrensgebühr
Orientierungssatz
Wird ein Rechtsstreit durch Gebührenermäßigungstatbestände gemäß Teil 8 KV-GKG, die teils vor und teils nach streitiger Verhandlung angefallen sind, vollständig beendet, so ermäßigt sich die Verfahrensgebühr für den gesamten Rechtsstreit in analoger Anwendung des Satzes 2 der Anmerkung zu Nr. 8211 KV-GKG auf das 0,4-fache. (ebenso bereits Kammerbeschlüsse vom 08. Oktober 2008, 13 Ta 313/08 und vom 15. Dezember 2008 – 13 Ta 366/08 –).
Normenkette
KV-GKG Vorbem. 8; KV-GKG Nrn. 8210-8211; GKG § 36
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.12.2009; Aktenzeichen 6 Ca 1437/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2009 – 6 Ca 1437/09 – wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Am 20. Februar 2009 erhob der Kläger gegen die Beklagten eine Klage mit den Anträgen, die Unwirksamkeit einer Kündigung vom 10. Februar 2009 festzustellen, sowie weiter festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern fortbesteht; weiter, ihn zu den bisherigen Bedingungen als Head of Germany die weiterzubeschäftigen. Schließlich begehrte der Kläger noch die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses.
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2009 erweiterte der Kläger die Klage um das Begehren, die Unwirksamkeit einer weiteren Kündigung vom 17. Februar 2009 festzustellen.
Im Kammertermin vom 17. Juni 2009 stellte der Kläger nur die Feststellungsanträge bezüglich der Kündigungen vom 10. Februar und 17. Februar 2009 sowie den Weiterbeschäftigungsantrag. Im Übrigen nahm er die Klage zurück. Danach verhandelten die Parteien nach Stellung des Klageabweisungsantrags durch die Beklagte weiter streitig zur Sache. Dann schlossen die Parteien einen prozessbeendenden Vergleich mit einer allgemeinen Abgeltungsklausel. Mit dem Vergleich wurden die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.
Am 23. Juli 2009 kündigte das Arbeitsgericht als beabsichtigten Gebührenstreitwert einen Betrag von 178.750 EUR an. Die Absichtserklärung blieb ohne Widerspruch.
Am 31. Juli 2009 stellte die Kostenbeamtin der Beklagten die Hälfte einer 0,4- fachen Verfahrensgebühr aus 178.750 EUR gemäß Nr. 8211 KV GKG in Höhe von 271,20 EUR in Rechnung.
Hiergegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. September 2009, eingegangen am 1. Oktober 2009, Erinnerung ein mit der Ansicht, eine Verfahrensgebühr käme wegen des abgeschlossenen Vergleichs nicht in Betracht. Dieser Erinnerung half die Kostenbeamtin ebenso wenig ab wie die Bezirksrevisorin am 13. November 2009. Auch das Arbeitsgericht half der Erinnerung durch Beschluss vom 21. Dezember 2009 nicht ab. Der nach Zustellung am 4. Januar 2010 am 7. Januar 2010 eingegangenen Beschwerde der Beklagten hat das Arbeitsgericht wiederum nicht abgeholfen. Es hat die Sache vielmehr dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenansatz ist gemäß § 66 Abs. 2 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der notwendige Mindestbeschwerdewert von 200 EUR ist überschritten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beschwerde der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat die Kostenbeamtin die Verfahrensgebühr für die Beklagte auf 271,20 EUR festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat der Erinnerung der Beklagten vom 30. September 2009 zu Recht nicht abgeholfen.
Die Verfahrensgebühr entfällt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deshalb vollends, weil der Rechtsstreit am 17. Juni 2009 durch einen Vergleich beendet wurde. Nach der Vorbemerkung 8 zum Teil 8 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Vorbem. 8 KV-GKG) entfällt bei Beendigung des Verfahrens durch einen gerichtlichen Vergleich zwar die im Rechtszug angefallene Gebühr.
Dies gilt nach S. 2 der Vorbem. 8 KV-GKG aber nicht, wenn der Vergleich – wie hier – nur einen „Teil des Streitgegenstandes” betrifft (Teilvergleich). Der Kläger hat im vorliegenden Falle vor Abschluss des Vergleichs zwei Klageanträge zurückgenommen und dadurch insoweit den Rechtsstreit bereits beendet (§ 269 ZPO). Eine vollständige Gebührenprivilegierung kommt nur in Betracht, wenn durch den Vergleich das gesamte Verfahren beendet wird (zur ungenauen Wortwahl in S. 2 vergl. BAG vom 16. April 2008 – 4 AZR 1049/06 – und Roloff, NZA 2007,900,908).
Die Verfahrensgebühr entfällt auch nicht gemäß Nr. 8210 Abs. 2 KV-GKG. Danach wird keine Verfahrensgebühr erhoben, wenn das gesamte Verfahren ohne streitige Verhandlung endet und kein Versäumnisurteil ergeht. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Vor der streitigen Verhandlung am 17. Juni 2009 ist die Klage nur zum Teil zurückg...