Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstplan. Tagesdauerarbeitsposten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Reduzierung bzw. vollständige Streichung der für einzelne Zustellbezirke vorgesehenen Tagesdauerarbeitsposten unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

2. Ein Mitbestimmungsrecht kann ausgelöst werden, wenn die Umsetzung der Tagesdauerarbeitsposten nicht wie geplant durchgeführt wird. Es ist als Anordnung von Mehrarbeit zu bewerten, wenn ein Tagesdauerarbeitsposten im Dienstplan nachrichtlich ausgewiesen wird und kein dementsprechendes zusätzliches Personal zum Einsatz kommt.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2, § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Beschluss vom 25.02.2010; Aktenzeichen 1 BV 39/09)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.09.2012; Aktenzeichen 1 ABR 49/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 25. Februar 2010 – 1 BV 39/09 – abgeändert und die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen.

Ferner wird die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über die Neuausweisung und Änderung von sog. Tagesdauerarbeitsposten im Zusammenhang mit der Gestaltung von Dienstplänen.

Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein bundesweit tätiges Logistikunternehmen. Ein Schwerpunkt der Dienstleistungen ist die Zustellung von Briefsendungen und Paketen an Privat- und Geschäftskunden. Die Arbeitgeberin unterhält im Bundesgebiet insgesamt 49 Niederlassungen „BRIEF.” Eine dieser Niederlassungen ist die Niederlassung „BRIEF A” mit Sitz in B. Zu ihr gehören in der Briefzustellung 77 Zustellstützpunkte, davon sieben Zustellstützpunkte mit Leitungsfunktionen. In der Paketzustellung gibt es drei Zustellbasen und eine ausgelagerte Zustellbasis. Die Zusammenfassung verschiedener Betriebsstätten beruht auf einem Zuordnungstarifvertrag. Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) besteht aus insgesamt 23 Mitgliedern und ist für ca. 3.100 Beschäftigte zuständig.

Die Personalbedarfsermittlung erfolgt bei der Arbeitgeberin u.a. aufgrund der „Anweisung für die Zeitwirtschaft bei den Niederlassungen der C AG.” Wegen der Regelungen im Einzelnen wird auf die Kopie (Bl. 118 – 132 d.A.) Bezug genommen. Danach wird der Personalbedarf in organisatorischer Hinsicht in Personalposten ausgedrückt (vgl. Ziff. 2.1). Der Arbeitsposten ist eine Sollstelle für den Einsatz eines Arbeitnehmers, dem bestimmte Aufgaben zur Erledigung übertragen werden (vgl. Ziff. 2.1.1). Arbeitsposten können sein

  • Dauerarbeitsposten
  • Tagesdauerarbeitsposten

Ein Dauerarbeitsposten ist ein dauernd erforderlicher Arbeitsposten für einen Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer. Der Tagesdauerarbeitsposten ist ein an einzelnen Tagen innerhalb eines bestimmten Zeitraums erforderlicher Arbeitsposten. Die Aufstellung von Dienstplänen erfolgte zunächst auf der Grundlage der am 24. Mai 2002 geschlossenen Betriebsvereinbarung und ab 01. Dezember 2010 nach den Regelungen der „Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit in der Zustellung.” Wegen deren Inhalt wird auf die Kopien – Bl. 144 – 149 d.A. und Bl. 278 – 285 d. A. – verwiesen.

Jeweils mit Schreiben vom 02. Oktober 2009 legte die Arbeitgeberin für eine große Zahl von Zustellstützpunkten dem Betriebsrat Dienstpläne für in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer – 38, 5 Stunden pro Woche – zur Stellungnahme vor. Beginn und Ende der Arbeitszeit blieben gegenüber den bisher in den jeweiligen Zustellstützpunkten geltenden Dienstplänen unverändert. Lediglich in der letzten Zeile enthielten sie unter der Rubrik „nachrichtlich TaDp” abweichende Zahlen. In den meisten Zustellbezirken wurde der TaDp-Anteil verringert und in manchen ganz abgebaut. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zu den Dienstplänen. Gleichwohl wurden sie von der Arbeitgeberin wie geplant umgesetzt. Daraufhin leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, der Arbeitgeberin aufgeben zu lassen, die am 13. November 2009, 24. November 2009 und 07. Dezember 2009 abgelehnten Dienstpläne für die – im Einzelnen aufgezählten – Zustellstützpunkte aufzuheben und die bislang in diesen Zustellstützpunkten angewandten Dienstpläne weiterhin zu verwenden. Ferner hat er der Arbeitgeberin unter Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben lassen wollen, es zu unterlassen, Dienstpläne in den einzelnen Zustellstützpunkten einzuführen, ohne dass der Betriebsrat seine Zustimmung hierzu erteilt hat bzw. die fehlende Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist. Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den tatbestandlichen Teil der Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 35 – 38 d. A.) Bezug genommen.

Mit dem am 25. Februar 2010 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht Gießen den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben. Zur Begründun...

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